Betty Tompkins: "Kiss Painting #4" (2012).


Foto: Betty Tompkins

1969 begann die US-amerikanische Malerin Betty Tompkins in New York großformatige Bilder zu produzieren, die aufgrund ihres Inhalts jahrzehntelang aus Kritik und Kunstmarkt verbannt und immer wieder der Zensur und einem daraus resultierenden Ausstellungsboykott unterworfen waren. Fuck, Cunt oder Kiss Painting heißen sie und zeigen detailgenau Penetrations- und Masturbationsszenen.

Die fünf fotorealistischen Airbrush-Gemälde und zahlreichen kleinen Bleistiftzeichnungen in der Ausstellung Betty Tompkins im Kunstraum Innsbruck machen schnell das Grundprinzip der Künstlerin deutlich: Sie lässt alles weg, was das Setting spezifisch machen würde – Gesicht, Hände, Füße, also auch jeden Hinweis auf Emotion -, um allein das zentrale Motiv übrigzulassen. Dieser Zoom verschiebt die Wahrnehmung weg von der Pornografie, hin zu einer künstlerischen, teils poetischen Ebene und zu einem Grad der Abstraktion, der aus der Nähe oft nur mehr Schwarz-Weiß-Schattierungen erkennen lässt.

Beides, den abstrakten und den sexuellen Aspekt, will die Künstlerin in ihren Bildern gleichwertig koexistieren lassen, und so verwandelt sie auf eindringliche Weise Intimes in Monumentales. Lange war Tompkins die öffentliche Wahrnehmung verwehrt: Erst 2002 wurde ihr Werk in New York erstmals ausgestellt, aber bereits im Jahr darauf war sie auf der Lyon-Biennale vertreten – seitdem wächst das öffentliche Interesse.

Einen anderen Blick auf die Zuschreibung weiblicher Identitäten wirft Tompkins Arbeit Women Words. Sie basiert auf einem öffentlichen Aufruf, den sie 2002 per E-Mail in Umlauf brachte: Man solle ihr Begriffe zur Beschreibung der Frau senden. 1500 Wörter und Phrasen kamen zurück – alles zwischen "idol", "housewife" und "porn queen". 75 davon, gedruckt auf Blätter eines Abreißblocks, werden nun in Innsbruck präsentiert. (niwe, 17.10.2017)