Das 48 Millionen alte Vogelskelett aus der Grube Messel mit Bürzeldrüse (markiert).
Foto: Sven Traenkner/ Senckenberg

Frankfurt – Bei Ausgrabungen in der Fossiliengrube Messel in Deutschland sind Paläontologen auf ein überraschendes Fossil gestoßen: Die Forscher entdeckten die 48 Millionen alten Überreste eines Vogels, in dem sich Fett aus einer Hautdrüse erhalten hat. Der Fund stellt nicht nur die ältesten jemals bei einem fossilen Wirbeltier nachgewiesenen Fette dar, er zeigt auch, dass Vögel schon damals Gefiederpflege betrieben haben.

Vögel verbringen viel Zeit damit, ihr Gefieder zu putzen. Verständlich, denn das Federkleid verleiht dem Vogel sein besonderes Aussehen, isoliert und befähigt zum Flug. Eine wichtige Rolle bei diesem Pflegeritual spielt die Bürzeldrüse am unteren Ende des Vogelrückens. Sie produziert ein öliges Sekret, mit dem die Vögel ihr Gefieder einfetten, um es geschmeidiger und wasserabweisend zu machen.

Gerald Mayr, Leiter der Sektion Ornithologie am Senckenberg Forschungsinstitut, hat jetzt gemeinsam mit internationalen Kollegen das bisher älteste Vorkommen solcher Pflegeöle für Vögel entdeckt. Mit 48 Millionen Jahren ist dieses Fett wissenschaftlich eine kleine Sensation. "Der Fund ist eines der erstaunlichsten Beispiele für die Konservierung von Weichteilen bei Tieren. Dass sie sich über so lange Zeiträume erhalten haben, ist sehr selten", so Mayr.

Seltener Weichteilfund

Das organische Material, aus dem Weichteile bestehen, zersetzt sich gewöhnlich innerhalb von Jahrzehnten. Jahrmillionen alte Federn und Fellreste sind bisher nur von wenigen Fundorten bekannt, darunter die sauerstoffarme Ölschiefer-Fossilienlagerstätte Messel. Von hier stammt auch die im Rahmen der Studie untersuchte Bürzeldrüse samt der in ihr enthaltenen Fette.

"Die Fette haben, das zeigt unsere detaillierte chemische Analyse, zumindest in Bruchstücken ihre ursprüngliche Zusammensetzung über 48 Millionen Jahre beibehalten. Die langkettigen Kohlenwasserstoffverbindungen aus den fossilen Resten der Bürzeldrüse sind klar unterscheidbar vom Ölschiefer rund um das Fossil", erklärt Mayr. Die Analyse belegt, dass es sich bei dem Fossilteil um eine der ältesten erhaltenen Bürzeldrüsen handelt. Vermutet hatte das Mayr schon anhand der Anordnung am fossilen Vogelskelett – bewiesen werden konnte es aber erst jetzt.

Die chemische Analyse der in der Bürzeldrüse konservierten Bestandteile förderte Fette zutage, mit dem der Vogel sein Gefieder pflegte.
Foto: Sonja Wedmann/ Senckenberg

Antibakterielle Bestandteile verhinderten Zersetzung

Warum gerade die Fette aus der Bürzeldrüse so lange überdauerten, ist noch unklar. Womöglich verhärteten sie sich unter Sauerstoffabschluss zu einer Art Wachspanzer und waren damit vor Verwesung geschützt. Die Forscher vermuten außerdem, dass eine Eigenschaft verantwortlich ist, die das Pflegeöl der Vögel auch heute noch hat – seine antibakteriellen Bestandteile. Wie sie im Fachmagazin "Royal Society Proceedings B" schreiben, könnten sie dafür gesorgt haben, dass sich nach dem Tod des Vogels kaum Bakterien ansiedeln konnten und damit die Zersetzung nicht in Gang kam.

Für Mayr und seine Kollegen ist der Fund ein Meilenstein für Paläontologen. "Die 48 Millionen alten Fette zeigen uns, was unter günstigen Bedingungen alles erhalten sein könnte – eben nicht nur Knochen und Haare oder Federn, wie wir bisher dachten. Wenn wir mehr dieser Fette finden, können wir die Lebensweise der Tiere besser rekonstruieren. Beispielsweise wäre es interessant zu untersuchen, ob gefiederte Dinosaurier als Vorfahren der Vögel auch schon Bürzeldrüsen besaßen und ihre Gefieder pflegten", meint Jakob Vinther, einer der Co-Autoren der Studie von der University of Bristol. (red, 18.10.2017)