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Tschadische Truppen beim Antiterorrmanöver "Flintlock" im Frühjahr 2017. Das Land ist ein enger Partner der USA im Kampf gegen den Terror – seine Bürger dürfen dennoch nach dem Willen des Weißen Hauses nicht mehr in die USA einreisen.

Foto: AP / Jerome Delay

Washington/N'Djamena/Wien – Der US-Einreisestopp für Bürger von acht Staaten, der eigentlich am Mittwoch in Kraft treten sollte, ist wieder verschoben worden: Nach einem Gericht in Hawaii, das schon in der Nacht auf Mittwoch eine einstweiligen Verfügung gegen die Bestimmung erlassen hatte, setzte nun auch ein Richter im Bundesstaat Maryland den Erlass von US-Präsident Donald Trump außer Kraft. Folgen hat das Beharren des Weißen Hauses auf dem Bann trotzdem. Und zwar just für den Kampf gegen den Terrorismus, den der Präsident stets als Grund für die Maßnahme anführt.

Auf der Liste jener Länder, die vom neuen Einreiseverbot betroffen sein sollten, ist auch der Tschad – bisher ein enger Antiterrorpartner der USA in der zentralafrikanischen Region. Vor rund einer Woche gab die Regierung des Landes aber bekannt, dass sie nun mehrere hundert Truppen vom Kampf gegen die Terrorgruppe Boko Haram im benachbarten Niger abziehen werde. Mit unmittelbaren Folgen: Laut Berichten, die der American Council on Foreign Relations am Mittwoch zitierte, ist die Zahl der Überfälle von Islamisten auf die Zivilbevölkerung bereits gestiegen. Auch bei der sonstigen Kriminalität – der Niger gilt als wichtiger Standort für Menschenschmuggler – habe es schon einen Zuwachs gegeben.

Rätselraten in N'Djamena

Zwar nahm der autoritäre Präsident des Tschad, Idriss Déby, bei seiner Entscheidung zur Truppenverlegung nicht explizit Bezug auf den neuen Einreisebann. Allerdings soll sich das Verhältnis zu den USA deutlich verschlechtert haben, seit man sich unverhofft auf der Liste jener Länder wiederfand, deren Bürger vorerst nicht in die USA reisen dürfen. Aber nicht nur die tschadische Regierung, auch Experten gaben sich nach der Veröffentlichung der Liste Ende September überrascht.

Die US-Regierung begründete die Maßnahme damals mit fehlender Zusammenarbeit des Tschad bei der Übermittlung von Daten über seine Bürger. Daneben wurden auch die mit den USA verfeindeten Staaten Venezuela und Nordkorea auf die Liste gesetzt, der Irak und der Sudan, die auf früheren Präsidialverordnungen aufgeführt waren, wurden dagegen gelöscht. Allerdings ist nicht davon auszugehen, dass der Tschad bei der Datenübermittlung wesentlich säumiger ist als viele seiner afrikanischen Nachbarn – oder der mit Saudi-Arabien verbündete Sudan, der auf früheren Listen stand, nun aber gestrichen wurde. Zudem ist die Zahl der Betroffenen sehr gering, schreibt das Magazin "The Atlantic": Zwischen September 2016 und 2017 seien insgesamt 141 Tschader via Visum in die USA gereist.

Streit um Öl

Vor allem aber gilt das Land als bedeutende Stützte im Kampf gegen den Terrorismus in der Region: Der Tschad, dessen 13 Millionen Einwohner zu etwa 50 Prozent Muslime und zu 45 Prozent Christen sind, hatte tausende seiner Truppen bei gemeinsamen Missionen eingesetzt. Sie waren 2012 in Mali beim gemeinsamen Einsatz mit Frankreich gegen islamistische Gruppen im Einsatz. Später beteiligte sich das Land in Nigeria, Kamerun und dem Niger mit mehr als 2.000 Soldaten am gemeinsamen Kampf gegen Boko Haram. Zudem haben tschadische Soldaten erst im März an der US-geführten Übung "Flintlock 2017" teilgenommen, bei der es um die Zusammenarbeit gegen den Terror geht. Dabei gibt es nur einen massiven Kritikpunkt an den tschadischen Soldaten: Sie sollen oft brutal vorgehen und Menschenrechte missachten.

Freilich ist nicht anzunehmen, dass das Land deshalb auf der Liste steht. Trumps Sicherheitsberater H. R. McMaster sagte der "New York Times", in der Frage des Tschad habe es im Weißen Haus "heftige Diskussionen" gegeben. Vor allem der umstrittene, weit rechts stehende Redenschreiber Stephen Miller soll dafür plädiert haben, Tschadern die Einreise zu verweigern. Die Korrespondentin des US-Radiosenders NPR, Ofeibea Quist-Arcton, berichtete jüngst, dass die tschadische Regierung eine Strafaktion vermutet. Das Land war jüngst im Konflikt mit dem amerikanischen Ölunternehmen Exxon Mobil, dem die Regierung vorwarf, 819 Millionen US-Dollar an Steuern nicht bezahlt zu haben. Seit Juni galt der Streit aber eigentlich als beigelegt. (Manuel Escher, 18.10.2017)