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Straßenbauarbeiter machten eine verordnete Pause, um die Rede von Staats- und Parteichef Xi sehen und hören zu können.

Foto: AP/Chinatopix

Chinas Parteichef Xi Jinping kam schon im zweiten Satz seiner Eröffnungsrede vor dem Parteitag auf sein wichtigstes Anliegen zu sprechen: Die Kommunistische Partei müsse "Chinas Traum" von der Entwicklung des Landes zu einer "mittleren Wohlstandsgesellschaft" bis 2020 umsetzen – und danach die "Wiederbelebung der Nation". Das seien die Ziele der "neuen Ära, in die Chinas besonderer Sozialismus eingetreten ist".

Der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping will beim diesjährigen Parteitreffen die Weichen für ein erfolgreiches China setzen. Bis 2035 solle China eines der innovativsten Länder der Welt sein, so Xi.
ORF

Den Eintritt ins neue Zeitalter des chinesischen Sozialismus verdankt das Land laut Pekinger Propaganda vor allem Xis Erfolgen in den vergangenen fünf Jahren. Der 64-Jährige demonstrierte, wie selbstbewusst und unangefochten er inzwischen die 90-Millionen-Mitglieder-Partei führt. Um genau 9 Uhr schritt er als Erster auf die Bühne des Präsidiums. In exakt eineinhalb Meter Abstand folgten ihm seine Vorgänger, die ehemaligen Parteichefs Hu Jintao und Jiang Zemin, mittlerweile 91. Auch andere Veteranen hatte Xi als Geste der Unterstützung für ihn eingeladen. Alle kamen, darunter drei frühere Premierminister.

In seiner dreieinhalbstündigen Rede zog der starke Mann Chinas ein erfolgreiches Fazit der wirtschaftlichen und technologischen Erfolge seiner ersten Amtszeit, gab aber nur wenige neue Maßnahmen bekannt. Beim Kampf gegen Korruption werde man sich künftig an Recht und Gesetz halten, versprach Xi. Die berüchtigte "Shuanggui-Regel", wonach Funktionäre ohne Richter und Anwälte festgenommen und an unbekanntem Ort verhört werden können, soll abgeschafft werden. Xi sprach sich aber nicht für neue Wirtschafts- oder politische Reformen aus. Er beharrt weiter auf der Re-Ideologisierung, auf Zensur und Kontrolle von Schulen, Medien und Internet und der Verfolgung von Anwälten und Bürgerrechtlern.

Immer wieder kam Xi auf das "neue Zeitalter" des chinesischen Sozialismus zu sprechen. Dazu gehöre, einen eigenständigen sozialistischen Weg zu suchen und auch die Marktwirtschaft zu nutzen. Dennoch halte die Partei am "Wirtschafts- und Verteilungssystem des Sozialismus" fest, ebenso an der Alleinherrschaft und "Führung durch die Partei".

Xi treibt der Ehrgeiz an, aus China eine moderne sozialistische Weltmacht zu formen. Das würde ihn auf Augenhöhe mit Staatengründer Mao Tsetung und Reformarchitekt Deng Xiaoping bringen. Ohne deren Namen zu nennen, sagte er, dass China "aufstand", dann "reich" wurde und nun "stark" wird. Nach den bisherigen Plänen der Partei soll China sich bis 2020 zu einer mittelstarken Großmacht mit mittlerem Wohlstand entwickeln. Bis 2050 würde die Volksrepublik, die sich noch als Entwicklungsland versteht, mit der industrialisierten Welt gleichgezogen haben.

"Harte Arbeit"

In "harter Arbeit" soll die Partei bis 2035 die sozialistische Modernisierung des Landes vollendet haben. "China wird dann globaler Führer in der Innovation sein", so Xi. Es werde die "Mitbestimmungsrechte" seiner Bürger und die "Herrschaft des Rechts" schützen. Auch die Lage der Umwelt "wird sich grundlegend verbessert haben". In der zweiten Phase bis 2050 werde sich ein "allgemeiner Wohlstand" entwickelt haben. Das Land werde überall auf Spitzenplätzen stehen, "politisch, kulturell, ethisch, sozial und ökologisch". China wäre dann "globaler Führer, wenn es um nationale Stärke oder internationalen Einfluss geht". Die Nation wäre zudem ein "stolzes und aktives Mitglied der Völkergemeinschaft".

Solche geradezu schwärmerischen Versprechungen, die der Parteichef den knapp 2300 Delegierten gab, stehen in krassem Widerspruch zu vielen anderen Aussagen und auch zur zunehmenden Kritik ausländischer Wirtschaftskammern am Reformstau in China. Für Xi ist der Eingriff der Partei eine der Besonderheiten der "neuen Ära des chinesischen Sozialismus". Sie müsse "jeden Aspekt des Lebens in China leiten". Er verwendete sogar noch den Ausdruck, dass China ein "sozialistisches Land ist, das unter der demokratischen Diktatur des Volkes steht".

Auch die Armee soll folgen. Xi: "Wir werden bis Mitte des 21. Jahrhunderts unsere Streitkräfte vollkommen auf Weltklasseniveau transformiert haben." Diese Aussage glaubt Xi jeder, angesichts des weit über das Wirtschaftswachstum gesteigerten Militäretats. (Johnny Erling aus Peking, 19.10.2017)