Erst im August wurde Franz Schwartz überraschend zum Leiter der Viennale bestellt. Es wird seine erste und, wie er betont, letzte Ausgabe des Filmfestivals sein.

Foto: Robert Newald

STANDARD: Die Viennale genießt international den Ruf eines cinephilen Filmfestivals, keine Selbstverständlichkeit dieser Tage. Lässt sich diese Identität, die von Hans Hurch und davor schon von Alexander Horwath geprägt wurde, weiterhin bewahren?

Schwartz: Das wird aus der Auswahl des Nachfolgers hervorgehen. Es sollte weiterhin eine Person für das Programm verantwortlich sein. Ich halte wenig von einem Kuratorensystem, wobei es auch jetzt schon Leute gibt, die Vorschläge machen. Aber die Letztentscheidung über die Filme sollte bei einer Person liegen. Dass diese Person geschmacklich andere Wege als Hans Hurch geht, ist ihr unbenommen.

STANDARD: Warum schließt es sich aus, dass eine Person die Hauptverantwortung trägt und es zusätzlich Programmer gibt, um größere Übersicht zu gewährleisten? Das ist international durchaus üblich.

Schwartz: Aber welche Macht hat der Programmer und welche der Direktor? In der Auswahlkommission, die nun Anfang November die Bewerbung ausschreibt, denkt man eher an eine Form, wie sie bisher bestanden hat. Hier im Haus gab es neben Hans Hurch keinen Programmer, höchstens Berater. Es kann natürlich sein, dass unter den Bewerbern einer ist, der ein anderes Konzept hat, das überzeugt.

STANDARD: Das heißt, dieses System ist nicht in Stein gemeißelt.

Schwartz: Absolut. Ich bin überzeugt, dass diese Auswahlkommission für alles offen ist, was wie eine konsequente Fortsetzung aussieht.

STANDARD: Wird es eine unabhängige Findungskommission geben?

Schwartz: Was ist unabhängig?

STANDARD: Experten aus dem Festivalzirkel, die die Bewerbungen sondieren und reihen.

Schwartz: Im Augenblick sind das Mitglieder des Kuratoriums. Aber darüber kann man diskutieren. Bisher war es ja unsere Aufgabe, nicht jemanden zu finden, sondern jemanden zu suchen, also die Ausschreibung zu machen. Das müssten dann Personen sein, die sich nicht bewerben, aber umfangreiche Kenntnis des Festivals besitzen.

STANDARD: Die Frage ist doch, wie gut das Kuratorium den internationalen Festivalbetrieb kennt.

Schwartz: Es kann durchaus sein, dass das nicht bei allen der Fall ist. Das ist für mich nicht von der Hand zu weisen.

STANDARD: Warum kommt die Ausschreibung so spät? Schließt man mit dem nahen Arbeitsbeginn von Februar 2018 nicht bestimmte Bewerber von vorneherein aus?

Schwartz: Nicht absichtlich. Ich gebe zu, dass ein früherer Zeitpunkt einen gewissen Vorteil bedeutet hätte, andererseits ist die Vorbereitungszeit für die Ausschreibung ohnehin bekannt. Wir werden uns bemühen, bei der Auswahl möglichst schnell zu sein, damit man Ende Jänner weiß, wer es ist.

STANDARD: Viennale-Präsident Eric Pleskow hat uns 2015 gesagt, er würde einen österreichischen Kandidaten vorziehen. Gilt sein Wort noch?

Schwartz: Das ist nicht ausgeschlossen, aber wir schreiben auch international aus. Er ist unser Präsident. Ich bin jedoch überzeugt, dass diese Äußerung nicht hundertprozentig in Stein gemeißelt ist.

STANDARD: Ohne chauvinistisch zu klingen: Muss die Person Deutsch können?

Schwartz: Wir haben den Satz "Deutsch erwünscht, Englisch Voraussetzung" wieder herausgestrichen, weil wir uns nicht einengen lassen wollten. Wir schauen uns die Personen und ihre Deutschkenntnisse einmal an. Sie muss in der Lage sein, Verhandlungen zu führen.

STANDARD: Wird man ein Festival mit ausgeglichenem Budget übergeben können?

Schwartz: Das glaube ich nicht, aber man muss die Kirche im Dorf lassen. Das sind geringe Beträge im Verhältnis zum Umsatz, da geht's um 156.000 Euro. Die Viennale hat einen ungeheuren Spielraum an Einsparungsmöglichkeiten. Wir hätten sogar die Idee der Festivalzentrale geopfert. Dass sich dann ganz knapp vor der Entscheidung die Kunsthalle als Möglichkeit aufgetan hat, war ein Wunder. Es wurde von mir nicht verlangt, dass die Schulden in diesem Jahr abgetragen werden. Aber das sind keine Beträge, die irgendjemanden schlaflos machen.

STANDARD: Die Entscheidung, die Geschäftsführung für Gartenbaukino und Stadtkino zusammenzulegen, ist auch eine Einsparungsmaßnahme?

Schwartz: Absolut. Beim Stadtkino ist der Schuldenstand höher, da musste man eine Entscheidung treffen. Eine solche war auch von Hans Hurch vorgesehen. Ich war bei all diesen Dingen schon früher involviert. Es wurde nach einer Lösung gesucht, um den Schuldenstand abzubauen, damit man guten Gewissens einen neuen Geschäftsführer eintreten lassen kann. Diese Situation haben wir geschaffen.

STANDARD: Das heurige Programm war ja bereits überwiegend von Hans Hurch ausgewählt. Welche Filme und Reihen haben Sie noch eingebracht?

Schwartz: Ich habe mich in kein einziges Special eingemischt. Ich bin aus achtjähriger Pension hierhergekommen und hatte zweieinhalb Monate Zeit. Das Einzige, wo man sagen kann, da hab ich Position von mir aus bezogen, war die Entscheidung, wie wir die Hommage an Hans Hurch programmieren. Sonst hab ich genug damit zu tun gehabt, das restliche Drittel des Programms zusammenzukriegen.

STANDARD: Ein Problem der Viennale war bisher eine gewisse Exklusivität. Hält man sich die Gala für Christoph Waltz vor Augen, die aus geladenen Gästen bestehen wird, scheint sich hier wenig zu ändern.

Schwartz: Waltz ist in dieser Hinsicht wirklich ein Problem, weil wir uns allen seinen Forderungen unterordnen müssen. Dieses Gespräch auf der Bühne im Rahmen der Gala ist die einzige Möglichkeit für ein Interview mit ihm. Wenn er eine Masterclass oder Ähnliches halten würde – wir hätten nichts dagegen.

STANDARD: Sie sind als leidenschaftlicher Segler bekannt. Gibt es schon eine Route für nächstes Jahr?

Schwartz: Von Ravenna nach Kroatien. Das Boot habe ich übrigens umbauen lassen, damit meine Kinder und Enkelkinder damit umzugehen lernen. (Michael Pekler, Dominik Kamalzadeh, 19.10.2017)