Hans Dichand, der legendäre leise Despot der Krone (1921-2010), führte jahrzehntelang den Kampagnenjournalismus zu schwindelnden Höhen, meist mit sehr, sehr rechten Inhalten. Dichand forcierte aber kampagnenmäßig immer auch persönliche Favoriten, von denen er sich für sein Weltbild etwas versprach. Das war etwa SPÖ-"Kronprinz" Hannes Androsch, in dem Dichand den kommenden Mann nach Kreisky sah.

Kurt Waldheim wurde auch von der Welle des Wehrmachtverehrers Dichand ins Präsidentenamt getragen. Dann konzentrierte sich die Liebe des Krone-Patriarchen auf Jörg Haider, den er aber fallen ließ, als der seinen Ratschlägen nicht folgen wollte. In der späten Dämmerung von Dichands Regnum forcierte er dann noch Karl-Heinz Grasser.

Dichands Nachfolger setzen jetzt voll auf Sebastian Kurz. Das nimmt Formen an wie am byzantinischen Kaiserhof. Oder, zeitgemäßer, wie im nordkoreanischen Ultrapersonenkult. "KURZ" in Riesenlettern lautet die Titelzeile nach der Wahl (wo blieb das Ausrufzeichen?). Am Mittwoch verstieg sich die Zeitung zu dem Titel "Unser 'Wunderwuzzi' lässt nun die EU zittern". Man hört Merkel und Macron direkt scheppern. Wie immer liefert aber Briefonkel Jeannée das absolute Nonplusultra an journalistischem Handabschlecken. Jeannée zitiert voll zustimmend einen Bild-Kollegen: "Mit 31 Jahren Kanzler – vergleichbar mit Mozart, der mit sechs schon zu komponieren begann". Usw. ad nauseam.

Ein Nachgedanke: Alle erwähnten Favoriten der Krone sind politisch letztlich gescheitert.(Hans Rauscher, 19.10.2017)