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Ob Bucatini all'Amatriciana (im Bild) oder andere Nudelgerichte: In Italien ist ein Streit ausgebrochen, ob die Herkunft des für die Pasta verwendeten Hartweizens deklariert werden soll oder nicht.

Foto: AP/Medichini

Rom – Bei dem Streit geht es nicht nur um ein Nahrungsmittel, sondern um ein nationales Kulturgut, um Identität. Mit einem Pro-Kopf-Konsum von 26 Kilo pro Jahr sind die Italiener die größten Nudelesser der Welt. "Die Pasta ist die Königin der Tafel, das Olivenöl und die Tomate sind die Könige", doziert der Pasta-Produzent Giuseppe Di Martino, Präsident der Pasta-Hersteller von Gragnano, dem Geburtsort der Spaghetti einige Kilometer südlich von Neapel.

Allein in Italien gebe es etwa 250 verschiedene Formen, und jedes Jahr kommen neue dazu. Italien ist auch mit Abstand der größte Pasta-Produzent: Rund 70 Prozent der weltweit konsumierten Hartweizennudeln stammen aus dem Belpaese.

Auch Import-Zutaten

Allein: Die ganzen Fusilli, Maccheroni, Paccheri, Spaghetti, Linguine, Mezzemaniche und Penne mögen zwar italienisch tönen und in Italien hergestellt werden, aber nicht immer ist die mit Abstand wichtigste Zutat, der Hartweizen, ebenfalls italienischer Herkunft. Bei den IGP-Nudeln aus Gragnano ist die Verwendung von italienischem "grano duro" zwar vorgeschrieben, aber vor allem die großen Hersteller und Exporteure wie Barilla, Buitoni, De Cecco und Garofalo verwenden zumindest teilweise auch importierten Hartweizen, in erster Linie aus Kanada, USA und Ukraine. Ein Etikettenschwindel, finden die im Kleinbauernverband Coldiretti organisierten Hartweizenproduzenten.

Mit Demonstrationen und politischem Lobbying haben die Landwirte nun ein altes Ziel erreicht: Die Regierung von Paolo Gentiloni will die Pasta-Hersteller per Dekret zwingen, ab kommenden Februar ihre Produkte mit einer Herkunftsbezeichnung für den Hartweizen zu versehen. Den Pasta-Baronen gefällt dies gar nicht. Sie weisen darauf hin, dass in Italien mit 4,5 Millionen Tonnen zwar weltweit am zweitmeisten Hartweizen (nach Kanada) produziert werde, dass aber die inländische Produktion je nach Ernte nur rund zwei Drittel des Bedarfs decke.

Keine Frage der Qualität

"Wenn die 120 Pasta-Hersteller nur noch italienischen Hartweizen verwenden würden, bräche die nationale Produktion um 30 bis 40 Prozent ein", betont Paolo Barilla, Vizepräsident des gleichnamigen Marktleaders.

Der Verband der Pasta-Produzenten Aidepi will gegen die Einführung der Herkunftsbezeichnung gerichtlich vorgehen. Sie sei "diskriminierend" und diene ausschließlich dem Schutz der einheimischen Produzenten, deren Hartweizen keineswegs von höherer Qualität sei als der importierte, wie Barilla betont. Allerdings: Das Regierungsdekret zwingt die Hersteller nicht zur Verwendung inländischen Hartweizens, sondern lediglich zur Deklaration der Herkunft. Inwieweit diese Konsumenteninformation "diskriminierend" sein soll, haben die Pasta-Barone bisher nicht einleuchtend darlegen können.

Glyphosat-Vorwurf

Für die Bauern von Coldiretti ist klar: "Die Pasta-Hersteller setzen ihre eigenen kommerziellen Interessen über jene der italienischen Konsumenten, die Transparenz verlangten. So werde den Italienern zum Beispiel verschwiegen, dass der kanadische Hartweizen mit dem Pflanzenschutzmittel Glyphosat behandelt werde, das in Italien verboten sei.

Diesen Vorwurf lassen die Pasta-Hersteller nicht gelten: Im Ausland produzierter Hartweizen enthalte höchstens Spuren von Glyphosat. "Man müsste jeden Tag 200 Kilo Pasta essen, 365 Tage im Jahr, damit eine gesundheitsschädliche Wirkung eintreten würde", betont Aidepi-Präsident Riccardo Felicetti. Solche Mengen Pasta, zumindest das steht in diesem Streit fest, essen nicht einmal die Italiener. (Dominik Straub aus Rom, 20.10.2017)