Der "Bargeldspürhund" hat gerade noch gefehlt. Der Einsatz eines Diensthundes am Abfluggate einer Turkish-Airlines-Maschine am Flughafen Wien-Schwechat am Freitag vergangener Woche hat die ohnehin angespannten diplomatischen Beziehungen zwischen Österreich und der Türkei weiter belastet.

Das Außenministerium in Ankara veröffentlichte am Donnerstag eine mahnende Mitteilung über den Vorfall mit dem Hund, der deklarierungspflichtige große Bargeldsummen bei Passagieren aufspüren sollte, und rief die österreichischen Behörden zu einem "umsichtigeren Verhalten" bei allen Kontrollen auf. Die türkischen Zeitungen waren am Freitag weniger zimperlich.

"Arrogante Beamte"

"Rassistisches Vorgehen von Österreich gegen Türken" stand in einem kleinen Kasten auf der Titelseite der regierungsnahen Tageszeitung "Sabah". "Arrogant" nannte "Habertürk" das Verhalten der österreichischen Beamten. Selbst Ahmet Hakan, ein renommierter Kolumnist und TV-Moderator, schrieb im Massenblatt "Hürriyet" von Schande, Rassismus und Erniedrigung.

Die Videobilder, die erst Tage nach dem Vorfall auf Twitter und Facebook zu zirkulieren begannen, zeigen verschreckte Fluggäste in der Wartehalle. Sie reißen die Arme hoch und springen von ihren Sitzbänken auf, als der Hund an der Leine eines Zollbeamten kommt und ohne Beißkorb seine Schnauze in die intimeren Bereiche des Menschen steckt.

Ein Passagier filmte die Szene am Flughafen Schwechat.

"Nie Beschwerden"

"Wir haben nie Beschwerden erhalten", sagt gleichwohl Johannes Pasquali, ein Sprecher des Finanzministeriums, dem STANDARD. Spürhunde für Bargeld würden bereits seit Jahren und nahezu täglich eingesetzt. Die Kontrollen, so betont Pasquali, stünden "in keinem Zusammenhang mit der Herkunft der Reisenden".

Ähnliches haben auch die türkische Botschaft in Wien und das Außenministerium in Ankara in ihren Verlautbarungen festgehalten: Von Kontrollen, um Bargeldbeträge über 10.000 Euro zu finden, seien nach Auskunft der österreichischen Behörden alle Reisende am Flughafen betroffen, nicht nur jene der Turkish Airlines.

"Zentrum des Rassismus"

Der türkische Generalkonsul in Wien war noch am Abend des Vorfalls zum Flughafen geeilt, um Nachforschungen anzustellen. Bei Polizeihunden denken viele Türken immer noch an Abu Ghraib und die Drangsalierung irakischer Gefangener durch sadistische US-Soldaten.

Als die türkische Familienministerin Fatma Betül Sayan Kaya im Frühjahr an einem Auftritt im Konsulat in Rotterdam gehindert wurde, sollen niederländische Polizisten auch Hunde eingesetzt haben. Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu hatte Wien ein "Zentrum des Rassismus" in Europa genannt. Seine Teilnahme an einer Konferenz des in Wien ansässigen Internationalen Zentrums für Migrationspolitikentwicklung nächste Woche hat er abgesagt.

Kontrollen in Istanbul

Einen ähnlichen Einsatz wie zuvor an Wien gab es dann am Freitag offenbar am Flughafen von Istanbul. Die türkische Polizei hätte mit einem Diensthund die österreichischen Passagiere vor dem Abflug nach Wien kontrolliert, meldete die türkische Nachrichtenagentur Dogan laut AFP.

Betroffen waren offenbar Reisende, die mit einer Maschine der Turkish Airlines nach Österreich fliegen wollten. Das Flugzeug (Planabflug in Istanbul: 17.40 Uhr Ortszeit) startete mit wenigen Minuten Verspätung vom Atatürk-Flughafen in Istanbul. Laut der türkischen Nachrichtenagentur hätten die türkischen Behörden auf die zuvor erfolgten Kontrollen in Wien reagiert. (Markus Bernath, 20.10.2017)