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Noch feuert Shinzo Abe (Mitte) seine Anhänger an, am Sonntag wird er allen Umfragen nach den Sieg feiern können.

Foto: Reuters / Kim Kyung Hoon

In Japan zeichnet sich ein weiterer Erdrutschwahlsieg für den nationalkonservativen Shinzo Abe ab. Das Bündnis aus seiner Liberaldemokratischen Partei (LDP) und der buddhistischen Komeito wird Umfragen zufolge bei der Wahl am Sonntag knapp zwei Drittel der Sitze im Unterhaus des Parlaments gewinnen. Auch wenn dies den Verlust einiger Mandate bedeutet, wäre es der dritte klare Sieg von Abe in Folge.

Rückenwind bringt die brummende Konjunktur. In fünf Abe-Jahren entstanden drei Millionen Arbeitsplätze. Das Geschäftsklima ist so gut wie zuletzt 1991, Firmen fahren Rekordgewinne ein, und der Aktienindex Nikkei steht auf einem 21-Jahres-Hoch. Zwar klagen viele über stagnierende Löhne und soziale Unsicherheit. "Aber für eine Wechselstimmung reicht diese Unzufriedenheit nicht", sagt der Politologe Sebastian Maslow von der Universität Kobe.

Bedrohung Nordkorea

Außerdem scheint Abes Kalkül bei der Entscheidung, den Termin für die Neuwahl um mehr als ein Jahr vorzuziehen, aufgegangen zu sein. Der Premier spekulierte darauf, dass ihn die Wähler angesichts der Bedrohung durch das nordkoreanische Atom- und Raketenprogramm unterstützen würden. Dafür sucht er den Schulterschluss mit US-Präsident Donald Trump. Japan ist auf den militärischen Schutz seines einzigen großen Bündnispartners angewiesen.

Zum anderen versucht der 63-Jährige, die Schwäche der Opposition auszunutzen. Zwar formierten sich seine Gegner nach der Ankündigung der Wahl neu, aber dann zerstritten sie sich wieder. Daher schickt die Opposition in vielen Wahlkreisen keinen gemeinsamen Kandidaten ins Rennen. Das begünstigt die Regierungspartei, weil mehr als drei Fünftel der 465 Sitze direkt, also nach Mehrheitswahlrecht, vergeben werden.

Neue, zerstrittene Opposition

Die Gouverneurin von Tokio, die 65-jährige Yuriko Koike, hatte den Wahlkampf zunächst spannend gemacht. Sie hatte der LDP bei den Kommunalwahlen in Tokio im Juli eine Niederlage zugefügt und sich als Herausforderin von Abe profiliert. Auf die Neuwahl reagierte sie mit der Gründung der rechtslastigen, aber reformorientierten Hoffnungspartei und verbündete sich mit dem konservativen Teil der oppositionellen Demokraten. Die anfängliche Begeisterung ließ schnell nach, sie liegt in Umfragen auf Platz drei.

Koike verzichtete nämlich darauf, selbst für das Parlament zu kandidieren, nachdem sie dafür kritisiert wurde, ihre Aufgaben als Gouverneurin der Hauptstadt zu vernachlässigen. Dadurch fehlte sie als Galionsfigur. Zudem tat sich die frühere LDP-Politikerin mit der Abgrenzung zu ihrer alten Partei schwer. "Die Wähler haben schnell erkannt, dass sich Koike in ihrem Programm kaum von Abe unterscheidet und sie nicht für einen Wandel steht", sagt Maslow.

Der Nutznießer dieser Entwicklung ist die neue Konstitutionell-Demokratische Partei (CDP), die von Yukio Edano, zuvor Vize-Chef der oppositionellen DP, als Auffangbecken für Liberale und Linke gegründet wurde. Binnen weniger Wochen sammelte sie mehr als 184.000 Twitter-Follower. Umfragen zufolge wird sie zur zweitstärksten Kraft im Parlament, obwohl sie nur in jedem vierten Wahlkreis einen Kandidaten aufgestellt hat. Offenbar füllt die CDP ein Vakuum links der Mitte. Nach der Wahl dürfte die Partei durch Überläufer weiter anschwellen. Aber an der Übermacht von Shinzo Abe wird dies zunächst nichts ändern. (Martin Fritz aus Tokio, 21.10.2017)