Roland Leimer: vom Frequentis-Manager zum Weltumsegler und Kleinbrauer.

Foto: Alfred Nevsimal

Wien – In Australien und Neuseeland fand Roland Leimer zu seiner späten Berufung. Angeregt durch die zahlreichen Microbreweries, die dort aus dem Boden geschossen sind, startete er nach der Rückkehr von einer fünfjährigen Weltreise heuer selbst eine Privatbrauerei: das "2514er-Bier", angelehnt an die Postleitzahl Traiskirchens, wo der frühere Manager heute vier stets verfügbare Sorten plus saisonale Spezialitäten braut.

Doch zuerst eine Überraschung: Der Trend zu Kleinbrauereien war vor ihm in Österreich angekommen. Aber es ist, wie Leimer sagt, keine "Brotneidgesellschaft", sondern eine "Kleinbrauer-Community". Die Erzeuger in Süden Wiens treffen und unterstützen sich und erwägen, etwa im Einkauf oder beim Erwerb gemeinsamer Tanks, zusammenzuarbeiten.

Begonnen hat Leimers Weg zum Brauer mit dem Abschied auf Raten vom Wiener Technologiekonzern Frequentis, wo er bis 2005 als Vertriebsleiter und anschließend weitere sieben Jahre als Konsulent tätig war. Während dieser Zeit ist er beim Laufen im Wiener Prater wortwörtlich über einen Bootsrumpf gestolpert – den er sukzessive selbst seetauglich gemacht hat. 2012 hieß es dann: "Leinen los." Leimer machte sich mit seiner Frau Annemarie, früher bei Frequentis für die Finanzen zuständig, auf zu einer Weltumsegelung. Etwa 21.000 Seemeilen später hatten sie 32 Länder auf fünf Kontinenten bereist – "ein Riesenabenteuer", wie der Brauer heute sagt.

Vertrieb und Marketing

"In der Größe, in der ich jetzt bin, ist es sehr eng", räumt Leimer ein. Daher will er seinen Craftbeer-Ausstoß pro Brautag von 300 auf 600 bis 1000 Flaschen aufstocken. "Dann bleibt mir mehr Zeit für Vertrieb und Marketing, das ist das Um und Auf." Das Bier erzeugt Leimer in einer One-Man-Show, er wird aber von seiner Frau und seiner Tochter unterstützt, etwa im Onlinemarketing. Der Vertrieb läuft über Spezialitätenhandel, Gastronomie und Märkte in Wien.

"Das kann man nicht vergleichen", sagt Leimer über die Unterschiede zu seiner Managerkarriere – tut es aber doch: "Wenn man ein Business aufzieht, kann man einem gewissen Druck auch nicht entgehen." Jetzt arbeite er aber selbstbestimmt, nicht fremdgesteuert. "Aber es war eine schöne Zeit bei Frequentis, ich will sie nicht missen."

Die Biererzeugung hat er sich, sofern man von einem absolvierten Braukurs samt einschlägiger Lektüre absieht, in Eigenregie beigebracht. Es mache Spaß, mit Geschmäckern zu experimentieren, wie zuletzt bei einem Honigbier. "Es ist eine Freude zu merken, wenn es den Leuten schmeckt", sagt Leimer über seine Motivation. "Ich muss nicht reich werden. Mir geht's darum, dass ich mein Leben bestreiten kann." (aha, 22.10.2017)