Nora Maria Foerst erlebte nach der Amtshandlung auch Sexismus im Netz.

Foto: Alex Gotter

Nach Wien kam Nora Maria Foerst aus Kaiserslautern vor acht Jahren zum Psychologiestudium. "Weil es eine große, schöne Stadt ist, die was zu bieten hat", sagt sie dem STANDARD, "jedenfalls viel mehr als Kaiserslautern." Mittlerweile ist sie selbst an der Uni angestellt, wo sie sich auf Klinische Psychologie spezialisierte und derzeit an der Abteilung für Bildungspsychologie forscht und lehrt.

Doch nicht durch ihre Arbeit erlangte sie nun mehr Bekanntheit, als ihr lieb ist, sondern durch eine Anzeige nach dem Antigesichtsverhüllungsgesetz – weil sie nach Ansicht der Polizei ihren Wollschal auf dem Heimweg zu weit ins Gesicht gezogen trug. Die Amtshandlung irritierte Foerst, sie fühlte sich "hilflos, ausgeliefert und verunsichert", wie sie erzählt.

Sie postete auf ihrem sonst nicht sonderlich hoch frequentierten Facebook-Profil in derselben Nacht offen, wie sie den Vorfall erlebt hatte. Mit dem Hass, mit dem sie danach überschwemmt wurde, rechnete sie nicht. "Ich habe Praktika auf der Akutpsychiatrie gemacht und bin einiges gewohnt. Aber diese Angriffe waren mehr als belastend", erinnert sie sich. Sie wurde sexistisch und rassistisch von anderen Facebook-Usern beschimpft, viele schrieben auch Direktnachrichten, die strafrechtlich relevant sind. Als dann auch noch eine Boulevardzeitung über sie schrieb und sich ein Foto von Foersts Facebook-Account nahm, ohne mit ihr Kontakt aufzunehmen, suchte sie Rechtshilfe. Sie wollte eine einstweilige Verfügung gegen das Blatt erwirken. Auf die Idee, das umstrittene Gesetz zu kippen, kam sie da noch nicht.

Sie wollte darauf aufmerksam machen, dass "ein von Männern erfundenes Gesetz uns Frauen vorschreibt, wie wir uns zu kleiden haben, und das dann auch noch von Männern exekutiert wird". Das Resultat: Dieselben Gruppen, die das Burkaverbot begrüßen, vorgeblich, weil es zum Schutz von Frauen sei, beschimpften sie nun, weil "ich meine Erlebnisse sichtbar machen wollte".

Ihr Fall wurde von immer mehr Medien aufgegriffen. Der Verein respekt.net, der Crowdfunding für Rechtsbeihilfe bei Anzeigen nach dem Verhüllungsverbot organisiert, wurde auf Foerst aufmerksam und empfahl ihr Anwalt Georg Zanger. Dieser, der das Gesetz von Anfang an öffentlich kritisierte, sah in Foerst den idealen Fall, mit dem er bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen will, um das Gesetz zu kippen. Den Schal trage sie weiter, sagt Foerst, "aber derzeit eher um die Schultern". (Colette M. Schmidt, 20.10.2017)