Rom/Mailand – Brüssel arbeitet für die Vergabe der EU-Arzneimittelagentur (EMA) an Wien, um die Europa-Skepsis in Österreich zu reduzieren und eine Annäherung an die "Visegrad-Länder" zu vermeiden. Dies berichtete die italienische Tageszeitung "La Stampa" am Samstag.

Das Blatt berichtete, dass die Aussicht einer Verlegung der EU-Arzneimittelagentur (EMA) von London nach Wien den mit der Regierungsbildung beauftragten ÖVP-Chef Sebastian Kurz bewegen könnte, ein europafreundliches Kabinett aufzubauen. "In Brüssel ist die Sorge einer möglichen Allianz Kurz' mit der extremen Rechten groß, die Wien in Richtung Visegrad-Länder treiben könnte. Daher wird hinter den Kulissen gearbeitet, um Österreichs Annäherung an die osteuropäischen Länder zu verhindern", analysierte die Turiner Tageszeitung.

Nach Ansicht von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) sind die Chancen Österreichs, im Zuge des Brexit eine der beiden EU-Agenturen aus London an Land zu ziehen, dagegen im Sinken. "Unsere Chancen sind intakt, überbordend allerdings nicht", räumte Kern am Freitag am Rande des EU-Gipfels in Brüssel ein.

Steigender Druck auf Brüssel

Die Visegrad-Länder unterstützen Bratislavas Kandidatur für den EMA-Sitz, obwohl die Stadt nicht alle erforderlichen Kriterien erfüllt. Die slowakische Regierung betonte, dass keines der Visegrad-Länder Sitz einer EU-Agentur sei. Dies müsse sich jetzt ändern.

Inzwischen erhöht auch die italienische Regierung den Druck auf Brüssel für eine Verlegung der EMA nach Mailand. "Wir führen eine intensive diplomatische Kampagne", berichtete der italienische Premier Paolo Gentiloni.

19 Städte haben sich um die EMA beworben. Im September hatte die EU-Kommission eine detaillierte Bewertung der Bewerbungen um die künftigen Standorte vorgelegt, allerdings ohne eine Shortlist oder ein Ranking zu erstellen. Neben Wien, Bratislava und Mailand haben sich für die EMA auch Amsterdam (Niederlande), Athen (Griechenland), Bonn (Deutschland), Barcelona (Spanien), Brüssel (Belgien), Bukarest (Rumänien), Kopenhagen (Dänemark), Dublin (Irland), Helsinki (Finnland), Lille (Frankreich), Porto (Portugal), Sofia (Bulgarien), Stockholm (Schweden), Valletta (Malta), Warschau (Polen) und Zagreb (Kroatien) beworben. Am 20. November soll bekanntgegeben werden, welche Stadt neuer EMA-Sitz sein wird. (APA, 21.10.2017)