Klagenfurt – Im Jahr 1348 erschütterte ein massives Erdbeben den Raum des heutigen Kärntens und Friauls. Verheerende Schäden waren die Folge. Damals stürzte ein Teil des Villacher Hausbergs Dobratsch herunter und verschloss das Gailtal, woraufhin sich die Gail zu einem See aufstaute. War dieses Erdbeben einzigartig in seiner Stärke oder kommen ähnliche Erschütterungen in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen vor?

Dieser Frage geht eine Forschungsgruppe der Universität Innsbruck in den nächsten vier Jahren nach – und zwar dort, wo massive Erschütterungen konserviert werden: am Grund von Seen. "Die Sedimente sind wie Jahresringe bei einem Baum", erklärte Projektleiter Jasper Moernaut. Erdrutsche unter Wasser, wie sie etwa durch Erdbeben ausgelöst werden, verewigen sich dort. "Am Land unterliegt ein Erdrutsch der Erosion, oder Menschen tragen das Geröll weg und bauen Straßen. Am Seegrund gibt es das alles nicht." Zudem unterscheide sich die Zusammensetzung der Erdrutsch-Sedimente deutlich von den üblichen Ablagerungen.

Aktuell entnehmen der Geologe und sein Doktorand Christoph Daxer im Wörthersee an unterschiedlichen Stellen Sedimentkerne. Die letzte Eiszeit, die die Landschaft geformt hat, hatte ihren Höhepunkt vor 20.000 Jahren. Seit etwa 18.000 Jahren, als sich die Gletscher zurückgezogen haben, gibt es die Kärntner Seen, erklärt Moernaut. "Große Erdbeben gibt es alle 200 oder 300 Jahre. Die letzten 800 Jahre sind durch historische Quellen relativ gut dokumentiert." Aber wie oft gibt es ein Beben, das Berge einstürzen lässt? Ein Beben wie 1348?

Rückschlüsse auf Häufigkeit

In der Veldener Bucht sind die Forscher bereits fündig geworden. Hier zeigen die Ablagerungen am Seegrund einen großen Erdrutsch an. Die Vermutung liegt nahe, dass das Erdbeben von 1348 der Auslöser gewesen sein könnte. Die aktuell gezogenen Proben sind noch vergleichsweise klein. Plexiglasröhren, die mit einem Gewicht beschwert in den Boden gestoßen werden, fördern etwa Proben der oberen eineinhalb Meter Seegrund zutage. Im kommenden Sommer wird in einem nächsten Schritt rund 15 Meter tief gebohrt. Moernaut: "Vielleicht 14.000 Jahre werden wir dann im Sedimentkern haben."

Aus diesen Zeitabschnitten und dem Vergleich mit Proben von anderen Kärntner Seen hoffen die Geologen, Schlüsse auf die Häufigkeit von großen und sehr großen Erdbeben im Alpenraum ziehen zu können. "Die Frage ist auch, ob der Rückgang der Vergletscherung und die dadurch verringerte Stabilität die großen Erdbeben erst möglich gemacht haben", so Moernaut.

Das Forschungsprojekt ist auf vier Jahre ausgelegt. Das Gesamtbudget von 400.000 Euro wird in erster Linie durch eine Förderung des Wissenschaftsfonds gespeist. Weitere Unterstützung gibt es durch die Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG), welche den seismologischen und historischen Teil beiträgt, von Geologen der Universitäten Wien und Salzburg, sowie vom Kärntner Institut für Seenforschung. (APA, 24.10.2017)