Foto: Verlag Knesebeck

Q

Es ist nicht zu übersehen und zu überhören: Immer mehr zweifeln am Überfluss und der Sinnhaftigkeit des Systems Mode. Die neuen Minimalisten rufen "Alles Quatsch!" Sie verzichten auf Entbehrliches, rollen ihre Yogamatten aus, kaufen auf Märkten verpackungsfrei ein, denn Zero Waste ist ihre Richtschnur. Statt Besitztümer anzuhäufen und auf Gucci-Handtaschen zu sparen, kaufen sie Bücher wie Marie Kondos Magic Cleaning oder Minimalismusratgeber wie Einfach Leben. Mehr würde in der leeren Wohnung zum Störfaktor.

Foto: Hersteller

R

Mit kleinen Fältchen hat die Mode immer weniger ein Problem. Das beweist der durchschlagende Erfolg älterer Models wie Eveline Hall – die Deutsche mit den langen silbergrauen Haaren wird demnächst sogar die Model-Show "Austria's Next Topmodel" moderieren. Wer noch keine natürlichen Fältchen und Furchen vorweisen kann, sollte jetzt ein wenig nachhelfen: Seit die 1980er-Jahre ihr 1001. Comeback feiern, sind Raffungen (hier von H&M) das A und O in jedem Kleiderkasten. Großes Plus: Niemand sieht in ihnen glattgebügelt aus – Raffungen verleihen Kleidungsstücken Charakter. So was ist bekanntlich (siehe A wie Adwoa Aboah) wieder angesagt.

Foto: Prada über Net-a-Porter.com

S

Auf die Geografielehrer von heute ist wahrlich kein Verlass: Wer steht heute noch in ausgebeulten Schnürlsamt-Sakkos vor der versammelten Klasse? Dabei gäbe es in diesem Herbst Gelegenheit, sich der guten alten schnürlsamtenen Zeiten zu erinnern. Denn die Designerin Miuccia Prada, einst so was wie eine italienische Salonkommunistin, holte die Studentenuniformen der 1970er hervor. Ihre Botschaft: Man kann jetzt wieder bedenkenlos beige und braune Sakkos, Hosen und Röcke tragen, ohne wie von vorgestern auszusehen. Ganz im Gegenteil: Die Avantgarde von heute trägt, richtig, Schnürlsamt – vom Revers bis zum Rocksaum.

Foto: Fila über Urbanoutfitters

T

Martin Schulz, der glücklose deutsche Kanzlerkandidat der SPD, hat's vorgemacht: Ab und an den Teddy zu geben kommt an. Das Brummbärhafte weiß man gerade auch in der Mode sehr zu schätzen: Teddyplüsch, so weit das Auge reicht. Kaum eine Prominente von Rita Ora bis Miley Cyrus, die noch nicht in einem solchen Kuschelteil erwischt wurde. Es geht sogar so weit, dass selbst Labels und Marken, die sich der Coolness verschrieben haben, jetzt den Brummbären geben. Der italienische Sportartikelhersteller Fila zum Beispiel ist ins Kuschelgewerbe eingestiegen (siehe Bild), und hippe Modeanbieter wie Urban Outfitters haben Taschen, Sweater, Steppjacken mit plüschiger Oberfläche im Programm. Angesichts der politischen Wetterlage könnte es sich lohnen, schon jetzt zuzuschlagen: Welcher Wind dann nach der Nationalratswahl wehen wird, ist schließlich ungewiss.

Foto: Balenciaga

U

Ihr Profil ist unförmig, und sie sehen in etwa so attraktiv aus, wie es früher nur billige No-Name-Turnschuhe taten: Dabei ist jetzt genau das Gegenteil der Fall. Die hässlichsten Sneaker haben die geschätztesten Designer verbrochen. Die Herren Raf Simons oder Demna Gvasalia zum Beispiel. Die Höhepunkte ihres Schuhschaffens, die gemeinhin unter Ugly Sneaker laufen, sehen an den Füßen wie klobige Legobausteine aus. Weil aber bekanntlich das Hässliche die Mode aus ihrer Lethargie zu reißen vermag, gelten diese Schuhe als der letzte Schrei. Hoch im Kurs unter Sammlern sind die Sneaker des französischen Modehauses Balenciaga (deren Designer Demna Gvasalia ist, im Bild). Wer kein halbes Vermögen ausgeben will, sollte sich allerdings lieber ähnlich plumpe Modelle von Reebok oder Asics zulegen.

Foto: Hersteller

V

Wer hätte das gedacht? Nach Tussi-Pink im letzten Jahr entwickelt sich Violett zur Farbe dieses Herbstes. Das ist bemerkenswert, denn der Farbton, der sich nicht so recht zwischen Rot und Blau entscheiden kann, trägt spätestens seit den 1970er-Jahren den Feminismus-Stempel. Wie gut, dass das Image der lila Latzhose der Euphorie für die lange ins Eck gedrängte Farbe nichts antun kann. Seit die Mode den Feminismus umgarnt, ist alles gut.

Foto: Hersteller

W

Wollsachen im Herbst? Das ist erst einmal keine Nachricht. In diesem Jahr aber ist die Vielfalt besonders groß: Cheap Monday liegt mit seinen melierten, fingerlosen Wollhandschuhen (im Bild) ziemlich richtig, bei Closed hängen lange Fäden aus Pullovern, Valentino hat Comic-Motive eingestrickt, bei Diesel trägt man dünne Ledergürtel über dem Zopfmuster, und bei Balenciaga kann der Pullover nicht oversized genug sein. Gerade jetzt in ein neues Strickstück zu investieren (oder zu den Stricknadeln zu greifen) sollte eine Überlegung wert sein.

Foto: Weekday

X

Keanu Reeves hat damals in "Matrix" vorgemacht, wie Mäntel in Knöchel- oder Wadenlänge funktionieren können. Auf diesen Zug springen Modeunternehmen wie Max Mara auf. Das macht Sinn. Nachdem sich die Röcke in Dreiviertellänge eingependelt haben, braucht es jene XXL-Mäntel, die darüberreichen. Das haben die Hipster längst verstanden. Sie hängen sich schon seit geraumer Zeit übergroße Trenchcoats (wie hier vom skandinavischen Streetwear-Label Weekday) wie luftige Einmannzelte über die Schultern. Prognose: Großzügigkeit bleibt angesagt, die XXL-Mäntel werden auch die kommende Saison überstehen.

Foto: Hersteller

Y

Die Generation Y (ausgesprochen "Why?", auch bekannt als "die Millennials") ist groß geworden mit Internet und Smartphone. In einer Zeit der Umbrüche gelten die Digital Natives in der Mode so manchen als letzter Strohhalm: Das italienische Label Dolce & Gabbana zum Beispiel veranstaltet heute Modespektakel für und mit den Millennials. Yves Saint Laurent hat gerade erst ein Männerparfum herausgebracht, das das Kürzel der Millennials trägt: Y. Und die technikaffinen Ys? Machen Mode, die nach Romantik ruft – wie vom Wiener Label The Rebels Love Us.

Foto: APA / AFP / Betrand Guay

Z

Zugegeben, der blondierte Kahlschlag auf dem Kopf ist die Frisur des Jahres: Ob Cara Delevingne oder Katy Perry – der farblose Pixie war überall zu sehen. Nach wie vor genauso relevant: Zöpfe, in der Modebranche Braids genannt. Dabei gab es in den letzten Monaten heiße Debatten, ob weiße Frauen Cornrows und Dutch Braids, jene aus Afrika stammenden Flechtfrisuren, tragen dürfen. Wirklich einig wurde man sich nicht. Der französische Designer Olivier Rousteing ließ sich aber nicht beirren: Fast alle Models trugen in der Balmain-Show eng am Kopf anliegende Zöpfe. (Anne Feldkamp, RONDO Exklusiv, 23.10.2017)

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