Elisabeth Giehser: "Ein sehr intensives Leben" – mit Spagat

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"Vor zwölf Jahren habe ich die Chance bekommen, diese Elektroaltgeräte-Koordinierungsstelle aufzubauen. Da gab es anfangs nur mich und das Telefon. Ich hatte nur sechs Wochen Zeit, die Strukturen aufzustellen – Büroräume, ein Team – denn dann trat die Elektroaltgeräteverordnung in Kraft. Das war eine große Herausforderung, weil diese Konstruktion einer unabhängigen Stelle völlig neu war.

Zuerst war ich unsicher, ob ich das schaffe. Aber ich hatte bereits Erfahrung, da ich 1993 beim Aufbau des ARA-Systems (Altstoff Recycling Austria, Anm.), im Bereich der getrennten Verpackungssammlung, gearbeitet hatte. Da war ich mehrere Jahre Leiterin der Rechtsabteilung und in der Geschäftsleitung.

Jus? Zu verstaubt

Ursprünglich habe ich Jus studiert und überlegt, ob ich einen rein rechtlichen Beruf wähle oder in die Wirtschaft gehe. Ich habe zuerst das Gerichtsjahr gemacht und mir gedacht: Nein, das ist nicht so meins. Es war mir einen Hauch zu verstaubt.

1993 konnte man noch nicht sehen, was das für eine Chance war, in die Abfallwirtschaft zu gehen. Die Branche hat sich neu definiert, man wusste nicht recht, was daraus wird und wie zukunftsträchtig das war. Es war eine sehr gute Entscheidung. Ich konnte etwas aufbauen, etwas gestalten, und zwar für ein ganzes Land, und das war wirklich spannend.

Als dann die Möglichkeit kam, diese Koordinierungsstelle für Elektroaltgeräte aufzubauen, habe ich die Chance ergriffen – obwohl gerade meine Drillinge ins Volksschulalter kamen. Da habe ich mich schon gefragt, ob das nicht zu früh ist für sie und für mich. Aber solche beruflichen Chancen kommen nur einmal im Leben.

Heute bin ich sehr froh, dass ich es gewagt habe. Ich konnte mit dem Elektroaltgeräte-Sammelsystem etwas ganz Neues mit aufbauen, und das ist doch spannender, als etwas Bestehendes, gut Laufendes weiterzuführen.

Zum Glück habe ich vier Großeltern, die alle geholfen haben. Auch Kindermädchen hatten mein Mann und ich immer. Doch es war nicht selbstverständlich, dass ich den Job bekommen habe. Bei der Bewerbung musste ich mich einem Hearing vor dem Aufsichtsrat stellen und scharfe Fragen parieren: wie ich die Kinderaufsicht organisiere und ob ich ein genügend großes Netzwerk habe, das mich dabei abfedert.

Es gab schließlich sehr viele Bewerber für den Job. Aber natürlich habe ich mich gefreut, dass ich als Frau und Mutter dreier damals sechsjähriger Kinder diesen Job bekam. Ich scheine ein Aufbautyp zu sein, eine gestaltende Person.

Ein Spagat

Mittlerweile sind die Drillinge erwachsen. Ich habe nie gehört "Mama, du hast keine Zeit, du bist nie da". Aber es war ein Spagat, der nur mit Hilfe so gut gelingen konnte. Den Kindern wurde eine sichere Kindheit gegeben. Telefonisch war und bin ich immer erreichbar, und am Abend ist es noch immer so, dass wir miteinander kochen und plaudern. Da habe ich dann die Nähe zu den Kindern, die mir sehr wichtig ist.

Deshalb habe ich auch immer die Funktion eines Elternsprechers innegehabt. Mir ist das wichtig, man hat dann viel Einblick in den Schulalltag und kann auch dort etwas mitgestalten. Und heute ist es so, dass sie, glaube ich, stolz auf mich sind und es besonders für die Mädchen keine Frage darstellt: Beruf oder Kinder? Das muss auch möglich sein in unserer Gesellschaft, wir brauchen die Kinder ja. Ich finde es immer erschreckend, wenn jüngere Frauen sagen, dass sie sich zwischen diesen Lebenswegen entscheiden müssen. Vor allem bei alleinerziehenden Müttern muss der Staat entsprechende Strukturen bereitstellen.

Was auf der Strecke bleibt

Aber es ist für mich ein sehr intensives, konzentriertes Leben. Ich habe kaum Zeit für mich, private Aktivitäten wie mehr Sport bleiben oft auf der Strecke.

Bei der Abfallwirtschaft prallen sehr viele unterschiedliche Interessen aufeinander. Kommunen, die Wirtschaft, das Umweltministerium, die Konsumenten. Zum Glück sind die Österreicher motivierte Abfallsammler. Die trennen schon in sehr viele Abfallarten. Aber man muss die Bevölkerung kontinuierlich informieren, um den hohen Standard zu halten.

Bei meiner Arbeit lege ich einen Schwerpunkt auf die Umweltbildung für Kinder, sodass Abfalltrennung von der Schule weg in den Unterricht eingebaut wird. Dazu haben wir auch einen Schulkoffer entwickelt, der gratis von Schulen ausgeliehen werden kann." (24.10.2017)