Sowohl Rapid als auch die Austria reklamieren den Rekordmeistertitel für sich. Der ÖFB ist an Sporthistoriker Marschik herangetreten, man überlegt, das Thema wissenschaftlich aufarbeiten zu lassen. Von dieser Idee halten aber die Hütteldorfer nichts, wodurch es nun "schwierig" wird für Marschik.

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Wien – Matthias Marschik ist dieser Tage etwas zerknirscht. Unlängst hatte der Österreichische Fußballbund (ÖFB) mit dem Wiener Sporthistoriker Kontakt aufgenommen. Der ÖFB überlegt, das Thema Rekordmeister wissenschaftlich aufarbeiten zu lassen. Sowohl Rapid als auch die Austria reklamieren den inoffiziellen Titel, also die goldene Ananas, für sich. Marschik will im Falle eines Auftrages mit den involvierten Vereinen kooperieren. Und hier fangen die Probleme an.

Die Begeisterung in Hütteldorf hält sich ob der geplanten Aufarbeitung in Grenzen, Rekordmeister sei Rapid und basta. Zudem, so Geschäftsführer Christoph Peschek im Kurier, sei das Ergebnis der Studie unter der Leitung von Marschik "ohnehin klar". Peschek stellt demnach die Objektivität des Historikers in Frage, da dieser 2001 die violette Vereinschronik "Wiener Austria – Die ersten 90 Jahre" verfasste.

"Von Natur aus äquidistant zu Rapid und Austria"

"Dieser Untergriff ist für mich unangenehm", sagt Marschik im Gespräch mit dem Standard. Er pflege keinerlei Nahverhältnis zur Austria, der Verein sei zur Jahrtausendwende an ihn herangetreten, um die Klubgeschichte von einem unabhängigen Historiker niederschreiben zu lassen. "Es ist schade, dass man mich deshalb in ein Eck stellen will", sagt Marschik, "ich wurde von Anhängern der Admira erzogen, bin also sozusagen von Natur aus äquidistant zu Rapid und Austria."

Im August, also vor den Gesprächen mit dem ÖFB, äußerte sich Marschik im Interview mit dem STANDARD in der Rekordmeisterfrage differenziert: De jure sei die Austria im Recht, de facto Rapid. Beide Betrachtungsweisen seien legitim. Dass er damit das Ergebnis der Studie bereits vorweggenommen habe, wie Peschek nun behauptet, verneint Marschik: "Dies war eine Erstaussage auf der Basis des vorhandenen Wissens. Eine Studie kann diesen Eindruck untermauern oder auch nicht. Alles ist offen."

Umstrittene Werbeaktion der Austria

Den Anstoß zur intensivierten Diskussion gab die Austria im Sommer mit einer Werbeaktion, in der sie sich selbst zum Rekordmeister erhob. Argumentiert wird dies damit, dass der Verein seit Einführung einer österreichischen Liga ab 1949/50 21 Meistertitel gewann, Rapid jedoch nur 16. Zwischen 1911 und 1949 wurden Titelträger über eine niederösterreichische Meisterschaft, eine Wiener Liga und während der NS-Zeit über eine Gauliga ermittelt. In dieser Zeit war das Niveau der Wiener Teams höher als jenes der Mannschaften aus den anderen Bundesländern, die damaligen Champions wurden lange als österreichische Meister angesehen. Demnach stünde Rapid also bei 32 und die Austria bei 24 Titeln.

Weder der ÖFB noch die österreichische Bundesliga führen derzeit den Titel "Rekordmeister". Ob es nun zur angestrebten wissenschaftlichen Aufarbeitung kommt, ist unklar. Die Vorzeichen stehen jedenfalls ungünstig. "Ich habe keine große Lust, eine Studie zu erstellen, wenn mir Rapid Parteilichkeit unterstellt," sagt Marschik. "Sonst endet das mit Gegenstudien und mündet in einen Disput. Unter dieser Prämisse wird es schwierig." (Philip Bauer, 24.10.2017)