Tunis – Der tunesische Präsident Beji Caid Essebsi hat am Dienstag ein umstrittenes Gesetz unterzeichnet, das Straffreiheit für Korruptionsvergehen unter der Diktatur seines Vorgängers Zine el-Abidine Ben Ali vorsieht.

Gemäß dem ursprünglichen Gesetzentwurf von 2015 sollten Ermittlungen wegen Bestechung eingestellt werden, wenn die Beschuldigten – insbesondere Geschäftsleute und ehemalige Gefolgsleute Ben Alis – unrechtmäßig erzielte Einkünfte zurückerstatten und eine Geldstrafe entrichten.

Angesichts von massiven Protesten und Demonstrationen gegen das Vorhaben wurde der Gesetzentwurf überarbeitet. Das jetzt vom Staatschef unterzeichnete "Gesetz zur Versöhnung im Verwaltungsbereich" betrifft nur noch Beamte, die der Verwicklung in Verwaltungskorruption beschuldigt werden, aber keine Bestechungsgelder angenommen haben. Das Parlament hatte den Text Mitte Dezember am Ende einer hitzigen Debatte beschlossen.

Ermutigung zur Straffreiheit

Die Präsidentschaft versichert, dass das Gesetz dazu beiträgt, das "Investitionsklima zu verbessern" und innerhalb der öffentlichen Verwaltung "Energien frei zusetzen". Die Opposition und Bürgerrechtsgruppen befürchten dagegen eine "Ermutigung zur Straffreiheit" in einem von Korruption zerfressenen Land.

In Tunesien hatte der sogenannte Arabische Frühling begonnen. Die Proteste trieben im Jänner 2011 den langjährigen Machthaber Ben Ali aus dem Amt. Die Präsidentschaftswahl im Dezember 2014 gewann Essebsi, der nach Ben Alis Sturz, Übergangsregierungschef gewesen war. (APA, 24.10.2017)