Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman sprach sich für eine "moderaten Islam" aus. Was damit konkret gemeint ist, blieb aber offen.

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Riad –Der saudi-arabische Kronprinz Mohammed bin Salman hat sich in ungewöhnlich klaren Worten für die Liberalisierung des ultrakonservativen Königreiches ausgesprochen. "Wir gehen zu dem zurück, wie wir waren: dem moderaten Islam, der offen gegenüber der Welt und allen Religionen ist", sagte Mohammed bin Salman am Dienstag auf einer Konferenz in Riad.

Zuvor war er auf die in dem Land vorherrschenden radikalen Ideen angesprochen worden. Der Kronprinz sagte, dass Saudi-Arabien vor 1979, dem Jahr der Besetzung der Großen Moschee in Mekka, anders gewesen sei. "70 Prozent der Saudi-Araber sind jünger als 30 Jahre. Ganz ehrlich, wir werden keine 30 Jahre unseres Lebens verschwenden, um uns mit extremistischen Ideen zu beschäftigen. Wir werden sie heute und sofort zerstören." Die Bevölkerung Saudi-Arabiens wolle ein normales Leben. Mohammed bin Salman, der selbst erst 32 Jahre alt ist, wurde mehrmals von Applaus unterbrochen.

Konservative an den Rand

Mit seinen Äußerungen nahm der Thronfolger von König Salman offensichtlich Bezug auf die Besetzung der Großen Moschee in Mekka 1979 durch radikale Islamisten. Die Männer verlangten den Rücktritt von König Khalid und die Einsetzung einer "echt islamischen Regierung". Die saudi-arabische Armee stürmte das bedeutende islamische Gotteshaus Tage später. Doch das durch den Ölboom aufstrebende Land veränderte sich auf Jahrzehnte – die gesellschaftliche Liberalisierung wurde zurückgedrängt.

Saudi-Arabien-Experte Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik zufolge sind die Aussagen des Kronprinzen in ihrer Deutlichkeit überraschend: "Mohammed bin Salman gibt hier zum ersten Mal sehr konkret vor, wohin genau seine Reformen führen sollen: In ein Saudi-Arabien, in dem die konservativen Gelehrten immer weiter an den Rand gedrängt werden und die liberalen Teile des Landes aufatmen und sich auf viel mehr Freiheiten freuen können." Die große Frage sei aber, ob dies auch für die etwa zwei Millionen Schiiten im Land das Ende ihrer Diskriminierung bedeuten könnte. "Gäbe es auch für sie Erleichterungen, wäre Saudi-Arabien rasch ein ganz anderes Land."

Vize seines greisen Vaters

Mohammed bin Salman, der gegenüber seinem greisen Vater König Salman als inoffizieller Herrscher Saudi-Arabiens gilt, wurden in den vergangenen Monaten schon eine Reihe von Maßnahmen zu Öffnung der Gesellschaft zugeschrieben. Die herausragendste Veränderung ist dabei wohl die, Frauen als letztes Land der Erde das Fahren von Autos zu erlauben. Die neue Regelung soll im Sommer nächsten Jahres in Kraft treten.

Unter den jungen Saudis gilt Mohammed bin Salman als Hoffnungsträger für eine modernere Gesellschaft. In Saudi-Arabien ist vor allem die Gleichberechtigung noch in weiter Ferne. Frauen müssen alle großen Lebensentscheidungen bis hin zu Reisen von einem männlichen Vormund absegnen lassen. Zudem gelten strenge Bekleidungsvorschriften für Frauen in der Öffentlichkeit.

International hat sich der junge Thronfolger durch sein aggressives Auftreten jedoch schon viel Kritik eingehandelt. So ist er für die verheerende, saudi-arabisch geführte, Militärkampagne im Jemen verantwortlich. Durch Luftangriffe in Gebieten unter Kontrolle der Huthi-Rebellen starben Tausende Zivilisten. Mohammed bin Salman soll auch einer der Hauptakteure bei der Blockade des Nachbar-Emirats Katar in den vergangenen Monaten sein. (APA, 24.10.2017)