Mit 37 Jahren zweitjüngste Regierungschefin weltweit: Jacinda Ardern.

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Ihre Schulkameraden hatten es schon immer gewusst: Jacinda Ardern wird einmal Regierungschefin. 20 Jahre später ist es tatsächlich so weit: Die 37-jährige Sozialdemokratin ist nun die jüngste Premierministerin Neuseelands seit 1856 – und aktuell die zweitjüngste Frau in diesem Amt weltweit. Am Dienstag konnte sie ein Regierungsübereinkommen schließen, das eine Koalition mit der populistischen Partei New Zealand First und eine Duldung durch die Grünen vorsieht.

Das Jahr 2017 hatte für Ardern noch vergleichsweise normal begonnen, als Sprecherin der oppositionellen Labour-Partei für Justiz, Kleinunternehmer, Kinder und Kultur. Doch im März rückte sie zur stellvertretenden Parteivorsitzenden auf, und im August wurde sie gar zur Chefin gekürt – gerade noch rechtzeitig für die Wahl Ende September. Die 1980 geborene und in eher ärmlichen Verhältnissen aufgewachsene Tochter eines Polizisten und einer Kellnerin legte in kurzer Zeit eine bemerkenswerte Aufholjagd hin – nun ist sie trotz aussichtsloser Ausgangslage plötzlich an der Spitze.

"Kapitalismus ist gescheitert"

Ardern trat schon mit 17 der Labour-Partei bei – nach eigener Schilderung eine Reaktion auf die soziale Misere, die sie als Kind und Jugendliche in ihrem eigenen Umfeld hatte erleben müssen. Seit damals ist sie auch überzeugt: "Der Kapitalismus ist offenkundig gescheitert." An der Universität von Waikato studierte sie Kommunikationswissenschaft und kam im Team von Ministerpräsidentin Helen Clark unter. Nach einem Intermezzo als Helferin in einer Suppenküche in New York bekam sie einen Job im Kabinett des britischen Premierministers Tony Blair. Von dort ging es dann ins heimatliche Parlament, wo sie mit 28 Jahren die jüngste Abgeordnete wurde.

Im diesjährigen Wahlkampf punktete Ardern, die ab und zu als DJane bei Festivals Musik auflegt und als Whiskykennerin gilt, mit ihrem furchtlosen Auftreten gegen den in Neuseeland immer noch stark präsenten Machismo. Sie räumte aber auch ein, dass Regieren und Kinderwunsch kaum in Einklang zu bringen seien. Dafür wolle sie sich mit ihrem Partner, einem TV-Moderator, Zeit lassen. Für die Politik zog Ardern auch andere private Konsequenzen: So trat sie aus ihrer mormonischen Gemeinde aus, weil sie für die Homoehe eintritt.

Ihre ehemalige Chefin Clark sieht eine prächtige Zukunft für Ardern und vergleicht sie schon jetzt mit Kanadas Premier Justin Trudeau und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Eine starke Ansage. (Gianluca Wallisch, 24.10.2017)