Post von der ORF-Gebührentochter.

Nogis-Versprechen: keine GIS-Gebühr, weil kein Rundfunkempfang.

Foto: Nogis

Produzieren Fernseher ohne Tuner zur GIS-Vermeidung: Andreas Hackl (li.) und Thomas Höffinger.

Foto: Nogis

Wels/Wien – Die GIS hat sich bisher nicht gemeldet bei Andreas Hackl und Thomas Höffinger. Nicht mehr jedenfalls, seit die Gebührentochter des ORF 2016 von Hackl GIS-Gebühr wollte. Seither haben Höffinger und Hackl die Firma Nogis gegründet und unter dieser Marke ihre ersten Fernsehgeräte ohne Rundfunkteil in China produzieren lassen. Denn die GIS darf Gebühren nur für empfangsbereite Rundfunkgeräte im Haushalt einheben.

Keine GIS für Streaming

Für rein internetbasierten Konsum von ORF-Inhalten darf die GIS keine Gebühr verlangen: Das hat der Verwaltungsgerichtshof im Juli 2015 höchstrichterlich entschieden – damals freilich für Radio-Nutzung. Er hat allerdings grundsätzlich festgestellt, dass ein Computer mit Internetanschluss, ohne TV- oder Radiokarte, also ohne Rundfunkempfangsmodul kein Rundfunk ist. Und: Das Rundfunkgebührengesetz sagt wörtlich: "Wer eine Rundfunkempfangseinrichtung im Sinne des § 1 Abs. 1 in Gebäuden betreibt (Rundfunkteilnehmer), hat Gebühren nach § 3 zu entrichten. Dem Betrieb einer Rundfunkempfangseinrichtung ist deren Betriebsbereitschaft gleichzuhalten."

Der ORF fordert seither von der Politik, diese sogenannte "Streaminglücke" zu schließen – also das Rundfunkgebühren- und ORF-Gesetz zu ändern, damit sie nicht länger allein auf Rundfunkempfang abstellen. Deutschland hat schon 2013 eine Haushaltsabgabe für Rundfunk eingeführt, unabhängig vom tatsächlichen Empfang oder der Empfangsmöglichkeit.

No Billag und Nogis

Die Schweiz plant eine solche Haushaltsabgabe – für die sich die Schweizer 2015 mit knapper Mehrheit in einer Volksabstimmung ausgesprochen haben – für 2018/19. Wenn eine weitere Volksabstimmung über die Abschaffung der Rundfunkgebühren am 4. März 2018 kein anderes Ergebnis bringt. Billag heißen die Gebühreneintreiber in der Schweiz, die Initiative hinter der Volksabstimmung nennt sich entsprechend "No Billag – also quasi No GIS auf Schweizerisch.

400 Geräte

In Österreich sind seit September sind die ersten 400 "Nogis One" 55-Zöller aus Wels verfügbar – ohne Tuner und Antenennenanschluss, mit vier HDMI- und USB-Anschlüssen, beworben mit "Das ist kein Fernseher". Bisher ist rund ein Drittel weggegangen, sagt Höffinger auf STANDARD-Anfrage: "Es wird Zeit, dass wir die nächsten bestellen." Dem Welser Logistikunternehmer gehören 66,67 Prozent an der Nogis GmbH, Baustoffhändler Hackl die übrigen 33,33 Prozent an der Ende Mai gegründeten Welser Nogis GmbH.

Sollte das Versprechen, rund 300 Euro GIS pro Jahr zu sparen, nicht mehr Nachfrage wecken, auch wenn die Nogis-Bildschirme mit 749 Euro recht solid bepreist sind? Seit Ende Juli ist Nogis online, immerhin die "Krone", "Kronehit" und die "Oberösterreichischen Nachrichten" haben über die gebührensparenden Geräte berichtet. "Wir steuern die Werbung, dass es nicht zuviel wird", sagt Höffinger: "Wir wollen langsam starten, es bringt nichts, wenn die Geräte dann wochenlang nicht verfügbar sind."

Abstimmung statt Crowdfunding

Nicht recht geglückt scheint die Idee, das Format des nächsten Nogis-One-Schirms per Crowdfunding zu bestimmen (und vorzufinanzieren), sagt Höffinger im Gespräch mit dem STANDARD: "Es schaut nicht so aus, als ob das funktioniert." Aber: "Das heißt nicht, dass es die anderen Größen nicht geben wird, wir wollen sie nach und nach einführen." Welches Format als nächstes kommt, soll eine Umfrage klären, die noch bis nächsten Sonntag läuft – zur Wahl stehen 32, 43, 65 und 75 Zoll.

Der Nogis-Hebel greift nur, solange die "Streaminglücke" nicht geschlossen ist – ob durch einen politisch eher unwahrscheinlichen Systemwechsel zu einer Haushaltsabgabe. Oder durch eine deutlich dezentere Definitionsänderung in Gebühren- und ORF-Gesetz ohne dezidierten Rundfunkempfang. Beide Maßnahmen führten zu einem ziemlich ählichen Ergebnis, nicht allein für die Nogis-Fernseher, die keine sind.

Keine neuen Abgaben

ÖVP-Mediensprecher Gernot Blümel ließ im STANDARD-Fragebogen zur Medienpolitik vor der Nationalratswahl Sinn für Änderungen in Sachen Rundfunkgebühr und Streaminglücke erkennen: " Ich bin für zukunftsorientierte und sinnvolle Reformen immer offen, jedoch nicht für zusätzliche Abgaben." Nachsatz: Die öffentlichen Mittel für Medien von derzeit rund einer Milliarde Euro pro Jahr müssten unter den Medien neu verteilt werden.

FPÖ-Mediensprecher Herbert Kickl wollte im Fragebogen "das Gebührenprivileg des ORF infrage stellen". Auch er erwog ein "neues Modell der Gebührenverteilung – dass die bestehenden ORF-Gebühren abgeschafft und nur mehr öffentlich-rechtliche Inhalte, egal welcher Sender diese dann ausstrahlt, subventioniert werden."

Sobald Parteien die Mehrheit der ORF-Aufsichtsgremium stellen (wie künftig voraussichtlich die ÖVP und mit ihr die FPÖ), die im öffentlich-rechtlichen Rundfunk über Management, Budget, Programmschema und Gebührenhöhe bestimmten, dann fielen ORF-Reformen bisher nicht sehr radikal aus.

Sinkende Zahlungsbereitschaft in Wien

Die Zahlungsbereitschaft an die GIS nimmt seit 2015 merklich ab, bestätigte GIS-Chef Harald Kräuter im Frühjahr 2017 auf STANDARD-Anfrage. Insbesondere in Wien zahlen pro Jahr 5000 Haushalte weniger die Rundfunkgebühr. 1000 Gebührenzahler weniger bedeuten für die GIS pro Jahr 200.000 Euro weniger Einnahmen. Zuwächse in den Bundesländern können das nur schwer ausgleichen. Noch gelinge das, sagte Kräuter im Frühjahr, "wir können noch Zuwächse erzielen". Der GIS-Chef kündigte bei der Gelegenheit verstärkte Überprüfungen durch Bezirksverwaltungsbehörden und bei falschen oder verweigerten Auskünften Strafanzeigen an.

Beim Welser Baustoffhändler Andreas Hackl gelang das 2016 nicht, wie sein Nogis-Partner Höffinger schildert: "Er hat selbst ein Problem mit der GIS gehabt. Weil er zwar "seit Monaten nicht mehr ORF schaute", aber doch einen Fernseher daheim hatte. Hackl und Höffinger suchten also eine Weile nach Alternativen zum Flatscreen ohne GIS und kamen zum Schluss: "Die gibt es nicht wirklich, jedenfalls keine, mit der wir glücklich waren". Also gründeten sie ihre Nogis GmbH, bestellten sie ihre ersten 400 Nogis-Geräte.

Seit die aus dem fernen Osten eintrudelten, seit September also, zahlt Höffinger auch keine GIS mehr, sagt er. (fid, 26.10.2017)