Keine Reise in Spaniens Hauptstadt: Der Katalanischer Regierungschef Carles Puigdemont.

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Barcelona/Madrid – Der Chef der katalanischen Regionalregierung, Carles Puigdemont, hat eine geplante Erklärung im spanischen Senat zu den Unabhängigkeitsbestrebungen seiner Region kurzfristig abgesagt. Das teilte die Regionalregierung in Barcelona am Mittwoch mit. Er sollte sich auch zu den von Madrid geplanten Maßnahmen gegen die katalanische Regionalregierung äußern und um Verständnis für seine Politik werben.

Der spanische Senat hatte Puigdemont zwei Möglichkeiten für eine Erklärung geboten: Am Donnerstag in einem Ausschuss des Senats, der sich mit dem Text für die geplanten Maßnahmen gegen die katalanische Regionalregierung befasst, oder am Freitag bei der Senatssitzung. In beiden Fällen hätte es auch zu einem direkten Schlagabtausch mit Ministerpräsident Mariano Rajoy kommen können. Die Fronten waren bereits im Vorfeld verhärtet. Rajoy warf Puigdemont vor, keinerlei Dialogbereitschaft zu zeigen.

Sitzung verschoben

Am Donnerstag wird Puigdemont nun an der Sitzung des katalanischen Parlaments teilnehmen. Es sollte ursprünglich um 10.00 Uhr zusammentreten, nach Berichten der Zeitungen "El Pais" und "La Vanguardia" wurde die Sitzung nun aber auf 16.00 Uhr verschoben. Offiziell geht es um die geplanten Zwangsmaßnahmen Madrids und deren mögliche Auswirkungen. Doch könnte bei der Sitzung auch die Unabhängigkeit Kataloniens erklärt werden. Eine weitere Option wäre die Einigung auf Neuwahlen. Rufe in diese Richtung wurden am Mittwoch immer lauter, wie aus dem Umfeld Puigdemonts verlautete.

Das spanische Oberhaus wiederum, in dem Vertreter der 17 Regionen sitzen, wird voraussichtlich am Freitag den Weg für die Entmachtung von Puigdemonts Regierung freimachen. Nach den Worten von Ministerpräsident Rajoy soll mit der Zwangsverwaltung wirtschaftlicher Schaden abgewendet werden.

Verfassungsartikel 155

Angesichts der Mehrheitsverhältnisse gilt die Zustimmung des Senats zur Aktivierung des Verfassungsartikels 155 als sicher. Auf seiner Basis kann die Zentralregierung die Macht in einer Region in Ausnahmefällen an sich ziehen. Puigdemont war mehrfach der Antwort ausgewichen, ob sich seine Regierung nach dem umstrittenen Unabhängigkeitsreferendum am 1. Oktober von Madrid gelöst habe oder weiter zur Einheit des spanischen Staats stehe. Bei dem Referendum hatten sich 90 Prozent der Teilnehmer für eine Unabhängigkeit von Spanien ausgesprochen. Allerdings nahmen nur 43 Prozent der Wahlberechtigten an der Abstimmung teil.

Wegen des Unabhängigkeitsstreits haben bereits über 1.000 Unternehmen ihre juristischen Firmensitze aus Katalonien verlegt, um sicher in der EU und Eurozone verbleiben zu können. Spanien rechnet wegen der Katalonien-Krise auch mit einem geringeren Wachstum. Die Wirtschaftsleistung dürfte 2018 nach Einschätzung des Wirtschaftsministeriums nur noch um 2,3 Prozent zulegen statt der zuvor prognostizierten 2,6 Prozent ansteigen. (APA, 25.10.2017)