FDP-Chef Lindner (m.) vor zwei Tagen im Bundestag mit den Grünen Hofreiter, Özdemir und Göring-Eckardt (v. l.).

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Berlin – Die potenziellen deutschen Koalitionspartner Union, Grüne und FDP setzen ihre Sondierungen mit Gesprächen über die umstrittenen Themen Flüchtlinge, Klima und Energie fort. Beraten wird am Donnerstag (10 Uhr) in kleiner Runde. Vor allem bei der Migrationspolitik und beim Klimaschutz dürften große Unterschiede deutlich werden. So deuten sich harte Diskussionen über die Flüchtlingsobergrenze und einen von den Grünen geforderten Kohlekraft-Ausstieg an.

FDP-Chef Christian Lindner erwartet vor allem schwierige Gespräche über die Flüchtlingspolitik. Er rechne beim Thema Familiennachzug "absolut" mit einem Konflikt mit den Grünen, sagte Lindner dem Magazin "Der Spiegel". Zugleich kritisierte er die CSU-Linie. "Ich halte nichts vom plumpen Wort der Obergrenze von der CSU, weil es inhaltsleer ist", sagte er.

Die große Koalition hatte den Familiennachzug bei Menschen mit eingeschränktem Schutzstatus – subsidiär Geschützte – für zwei Jahre bis März 2018 ausgesetzt. Die Union will die Beschränkung nun über das Datum hinaus verlängern. Nach dem Willen der Grünen soll der Familiennachzug dagegen künftig wieder uneingeschränkt möglich sein.

Kommunen fürchten Überforderung

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) machte klar, auf der Forderung nach einer Obergrenze beharren zu wollen. "Die Erfahrung hat gezeigt, dass wir bis zu 200.000 Menschen jährlich aus humanitären Gründen aufnehmen und integrieren können – mehr nicht. Damit das gelingt, müssen wir unseren Bürgerinnen und Bürgern sicher garantieren können, dass die Zuwanderung begrenzt wird", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, warnte in der "Passauer Neuen Presse" (Donnerstag) vor der Wiedereinführung des Familiennachzugs. "Das würde die Integrationskraft der Kommunen überfordern. Schon heute fehlen Kita- und Schulplätze sowie Wohnraum für Geflüchtete", sagte er.

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl appellierte dagegen an Grüne und FDP, nicht auf den Unionskurs einzuschwenken. "Grüne und FDP dürfen sich hier nicht auf faule Kompromisse einlassen", sagte der Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Die Forderungen der Union – etwa nach einer Obergrenze für die Flüchtlingsaufnahme oder einer längeren Beschränkung des Familiennachzugs – seien völlig verfehlt.

Grüne wollen Kohlekraftwerke schließen

In der Klimapolitik sind die Grünen weit von der Union und der FDP entfernt. Sie fordern, die 20 schmutzigsten Kohlekraftwerke sofort abzuschalten, zudem streben sie den kompletten Ausstieg bis 2030 an. CDU-Unterhändler Armin Laschet sagte der "Rheinischen Post", das sei unrealistisch. "Wenn der Industriestandort Deutschland gefährdet wird, können wir keine Koalition machen." Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident fügte hinzu: "Wenn Braunkohlewerke in der Lausitz schließen und das die Erwerbsgrundlage für tausende Menschen entzieht, dann haben Sie demnächst 30 Prozent AfD."

Grünen-Chefin Simone Peter betonte, sich von den Unions-Forderungen nicht einlullen lassen zu wollen. Es gehe darum, sich in den Verhandlungen auf "echte Klimapolitik" und "ein konkretes Maßnahmenpaket" zu einigen, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Klimaschützer fordern einen konkreten Plan für den Ausstieg aus der Braunkohle. "Der Koalitionsvertrag braucht ein Gesetz zum Kohleausstieg mit einem Enddatum für jeden Meiler", sagte Greenpeace-Energieexperte Tobias Austrup der Deutschen Presse-Agentur. Um einer Blamage im Klimaschutz zu entgehen, müssten die künftigen Koalitionäre schon heute konkrete Schritte festlegen. (APA, dpa, 26.10.2017)