Gießen – Aufmerksamen Passanten und einer verbesserten Technik zum Fingerabdruck-Vergleich ist zu verdanken, dass ein Tatverdächtiger 18 Jahre nach dem Mord an einer Achtjährigen festgenommen werden konnte. Der 41-Jährige sitzt seit Mittwoch wegen Mordes und besonders schwerer sexueller Nötigung in Haft. Er soll das Mädchen 1999 in den Kofferraum seines Autos gezerrt und gefesselt haben.

Laut Staatsanwaltschaft hat der Mann gestanden, dass er das Kind sexuell missbraucht und es dann getötet hat. Wie Staatsanwaltschaft und Polizei am Donnerstag in Gießen berichteten, brachte ein anderer Missbrauchsfall die Ermittler auf die Spur des Tatverdächtigen. Spaziergänger hätten im August 2016 einen Mann bei "Fesselungs-Spielen" mit einer 14-Jährigen in einem Maisfeld beobachtet, berichtete ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Gießen. Daraufhin habe man den Mann, der bereits früher zu den Verdächtigen zählte, erneut unter die Lupe genommen und in seiner Wohnung Beweismaterial gefunden.

Der Durchbruch in den Ermittlungen habe man dank einer "minimalen Fingerabdruckspur" erzielt: Der abgeschnittene und verzerrte Fingerabdruck war auf einem Stück Klebeband gewesen, mit dem das Kind gefesselt war. Er sei identisch gewesen mit dem linken Daumen des Tatverdächtigen, sagte Hauburger. Der Mann war bereits früher unter den Verdächtigen gewesen, da er das Automodell fuhr, nach dem gefahndet wurde. Damals seien auch Fingerabdrucke genommen worden, aber die Technik sei zu dem Zeitpunkt noch nicht so weit gewesen, um ihn damit zu überführen.

Massenweise Kinderpornografie

Der 41-Jährige ist laut Staatsanwaltschaft ledig, kinderlos, ohne Beruf und vorbestraft – allerdings wegen Betäubungsmittel- und Verkehrsdelikten. Die Ermittler hatten auch geprüft, ob es einen Zusammenhang zu ungeklärten Fällen gibt, bei denen Mädchen ermordet oder missbraucht wurden – doch das bestätigte sich nicht. Der Fall aus dem Maisfeld von 2016 wurde noch untersucht.

In der Wohnung des Mannes fand die Sonderkommission massenweise Kinderpornografie. Der Leiter der Soko "Johanna" – so hieß das ermordete Mädchen –, Roland Fritsch, sprach am Donnerstag in Gießen von 17 Millionen Dateien, darunter Hunderte Datenträger und Hunderte Videokassetten.

Es gebe derzeit "keine belastbaren Hinweise", dass der Mann für weitere Missbrauchsfälle, Morde oder das Verschwinden von Mädchen verantwortlich ist, sagte Fritsch. Es werde nun aber mit Hochdruck weiter ermittelt, um ähnliche unaufgeklärte Fälle in ganz Deutschland zu überprüfen. (APA, dpa, 26.10.2017)