Über einen QR-Code auf den Postkarten gelangen Interessierte mittels Smartphone zu kompakten Informationen und der Geschichte hinter dem Bild.

KZ Verband Salzburg

Die Ansichtskarten zeigen aktuelle Motive, die im Salzburger Festspielidyll vom Widerstand und von den Tätern in der NS-Zeit erzählen.

Foto: Rita Bürgler

In dem Haus neben der heutigen gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät hat Josef Janisch, der Baumeister der Gaskammern und Krematorien im KZ Auschwitz, gewohnt.

Foto: Rita Bürgler

Salzburg – Es gibt viele Orte in Salzburg, die eine Geschichte haben, die nicht jeder kennt. Artefakte aus der NS-Zeit stehen teils als solche unbemerkt im Stadtbild. Wie aktuell Geschichte sein kann, zeigt das Projekt "Ansichtssache" vom KZ-Verband Salzburg.

22 Motive auf elf Postkarten laden zu einer Bilderreise durch die Stadt Salzburg ein. Zu sehen sind aktuelle Ansichten von Plätzen, die auf die NS-Zeit verweisen. Mittels QR-Codes auf den Ansichtskarten bekommen Interessierte die Geschichten der Bilder auf ihr Smartphone. Beleuchtet werden Ereignisse und Menschen, die als Gegner und Widerstandskämpfer, aber auch als Täter des Naziterrors Geschichte in Salzburg gemacht haben, die bis heute andauert.

Auch aktuelle Debatten werden thematisiert: die Aberkennung des Ehrendoktorats des Verhaltensforschers Konrad Lorenz, die Forderung der Umbenennung der Josef-Thorak-Straße, die nach dem Nazi-Bildhauer benannt ist, oder die Debatte um den Standort des Mahnmals zur Bücherverbrennung.

"Es ist eine antifaschistische Geschichtscollage mit heutigen Ansichten", sagt der Projektkoordinator Marcus Hank. Die Geschichte des Nationalsozialismus werde meist mit Schwarz-Weiß-Bildern, die entrückt sind und wenig mit dem Jetzt zu tun haben, erzählt. Über die aktuellen Bilder der Stadt soll die Erinnerungskultur in die Gegenwart geholt werden. Eine Hauptzielgruppe des Projekts sind Schüler. Für Digital Natives kann das Smartphone lebendigen Geschichtsunterricht bieten. "Auch Leute mit großem Geschichtswissen finden in den Postkarten noch etwas Neues", sagt der Projektleiter.

Widerstandskämpfer und Täter im Fokus

Etwa dass Josef Janisch, der Baumeister der Gaskammern und Krematorien im KZ Auschwitz, neben der heutigen gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät gewohnt hat. Er konnte nach dem Krieg völlig unbehelligt weiter als Ingenieur arbeiten. Das Bild von der Andrä-Schule erzählt davon, dass mit Josef Reischenböck zunächst ein Widerstandskämpfer Direktor war. Dieser wurde abgelöst vom Organisator der Salzburger Bücherverbrennung Karl Springenschmid. "Einer wurde hingerichtet, der andere ist einer der Hauptprotagonisten der NS-Zeit in Salzburg", gibt Marcus Hank ein weiteres Beispiel.

Die kompakten Informationen auf der Website geben einen Überblick über Salzburg im Nationalsozialismus und die heutige Auseinandersetzung damit. Zahlreiche Verlinkungen auf Wikipedia, Salzburgwiki, zu Medien, wissenschaftlichen Publikationen und Organisationen helfen, sich ins Thema zu vertiefen. Die Website soll halbjährlich adaptiert und aktualisiert werden. Durch die zusammengestellten Fundstücke sei ein antifaschistisches Wiki für Salzburg entstanden, sagt Hank. (Stefanie Ruep, 27.10.2017)