EZB-Präsident Mario Draghi lässt Sparer noch länger darben.

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Frankfurt – Kurswechsel bei der Europäischen Zentralbank: Die EZB drosselt ihre vor allem in Deutschland umstrittenen Anleihenkäufe deutlich. Das Programm werde zwar bis mindestens Ende September 2018 verlängert, das monatliche Volumen aber zugleich ab Jänner auf 30 Milliarden Euro halbiert, teilten die Währungshüter um EZB-Präsident Mario Draghi am Donnerstag mit.

Dadurch erhöht sich das angepeilte Gesamtvolumen um 270 Milliarden auf 2,55 Billionen Euro. Die Leitzinsen beließ die Europäische Zentralbank wie erwartet auf dem Rekordtief von 0,0 Prozent. Dort liegen sie bereits seit März 2016.

Der Euro fiel nach Bekanntgabe der Entscheidung von 1,1813 auf 1,1759 Dollar. Den Aktienmärkten kommt ein schwächerer Euro zugute, da dies die Chancen der Exportunternehmen aus der Eurozone auf dem Weltmarkt erhöht.

Schritt in die richtige Richtung

Als "Schritt in die richtige Richtung" bezeichnete der Präsident des Ifo-Instituts in München, Clemens Fuest, die Entscheidung der EZB. Gleichzeitig bemängelt er aber, dass der Abbau zu langsam gehe. Als "richtigen Beschluss zur richtigen Zeit" sieht hingegen der Chefvolkswirt der Berenberg Bank, Holger Schmieding, die Ankündigung. Die Entscheidung gebe der Wirtschaft und den Märkten weitgehende Sicherheit über den geldpolitischen Kurs bis September 2018.

Für den Deutsche-Bank-Analysten Sebastian Becker bedeutet die Entscheidung aber "mitnichten ein rasches Ende der ultralockeren Geldpolitik". Der Bestand an gekauften Vermögenswerten werde in den nächsten Monaten weiter anwachsen. Von einer Umkehrung des Kaufprogramms beziehungsweise der Bestandsreduktion der von der EZB gehaltenen Vermögenswerte sei man noch immer weit entfernt. Eine echte Zinswende kommt Beckers Einschätzung nach voraussichtlich erst zur Jahresmitte 2019.

Stärkste Waffe

Das Anleihen-Programm ist derzeit die stärkste Waffe der Notenbank im Kampf gegen eine aus ihrer Sicht noch immer zu niedrige Inflation. Außerdem soll es Banken dazu bewegen, weniger in diese Wertpapiere zu investieren und stattdessen mehr Kredite auszuzahlen.

Die Verringerung der Anleihekäufe sei "angesichts der kräftigen Erholung der Eurozone überfällig" gewesen, merkte Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim an. "Die Drosselung ist aber zu gering ausgefallen."

EZB und nationale Notenbanken der Eurozone erwerben momentan Wertpapiere im Volumen von 60 Milliarden Euro pro Monat. Die Konjunkturdaten haben sich allerdings zuletzt deutlich verbessert, sodass EZB-Chef Mario Draghi mehr Spielraum hat. Die Verbraucherstimmung ist zudem nach Daten der EU-Kommission so gut wie seit 16 Jahren nicht.

Kopfzerbrechen bereitet der EZB dagegen die Inflation. Ihr Ziel von knapp zwei Prozent – dem Idealwert für die Wirtschaft – verfehlen sie seit langem. Im September zum Beispiel zogen die Verbraucherpreise nur um 1,5 Prozent an. Die Euro-Wächter wollen sich daher weiter alle Optionen offenhalten. Im Notfall sei der EZB-Rat bereit, das Anleihen-Kaufprogramm hinsichtlich Umfang und/oder Dauer auszuweiten, erklärte die Notenbank.

Sparer müssen sich gedulden

Sparer müssen sich allerdings weiter gedulden. Den Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken bei der Notenbank Geld leihen können, beließ das oberste Entscheidungsgremium der EZB wie erwartet auf dem Rekordtief von null Prozent. Finanzinstitute, die Geld bei der Europäischen Zentralbank parken, müssen dafür weiter 0,4 Prozent Strafzinsen zahlen. (dpa, red, 26.10.2017)