Antike Mythen wie jene der Sirenen, die nach Odysseus riefen, oder der Amazonen beflügeln Gedanken. Aktuelle Beispiele: Frank De Mulder und Daniella Midenge.

Foto: Aufschlagseiten der Akt-Bildbände von Frank De Mulder (li.) und Daniella Midenge (re.).

Aktfotografie befindet sich seit jeher auf schwierigem Terrain. Prohibitive Kräfte intervenierten immer schon gegen die Darstellung des nackten Menschen – unabhängig von Ästhetik, Stil und Natürlichkeit. Kamen die Vorwürfe der Schamlosigkeit früher vor allem von allen möglichen und unmöglichen Kongregationen, mengen sich in den Vorwurf der Unsittlichkeit heute selbsternannte Sittenwächter, puritanische Kleingeister und – nach einer Ära der Aufklärung und Freiheit – in Zeiten der Political Correctness Verbotsdespoten.

Das Zauberwort aber heißt, wie so oft, Respekt. Im Umgang mit Menschen, in der Art der Präsentation, der Wertschätzung. In der Tradition antiker Darstellungen, die schöne, athletische Körper, meist huldigend und hymnisch erhebend, zu skulpturalen Idealen erhoben, entstanden künstlerische Positionen von der Renaissance bis heute. Der Vorwurf des Voyeurismus lag oft nicht zuletzt darin begründet, dass es meist der männliche Blick war, der mit der Darstellung des Weiblichen betraut war.

Dass sich diese Perspektive zunehmend verändert, zeigen Namen wie Ellen von Unwerth, Bettina Rheims, Alice Springs – Meisterinnen der erotischen Fotografie. In diese Riege gesellt sich Daniella Midenge. Die schwedische Autodidaktin gilt mit ihren artifiziellen Inszenierungen, die zugleich von Humor wie von Hedonismus, Lebensfreude, Ironie und inspirierter Spiritualität geprägt sind, als weibliche Nachfolgerin des großen Helmut Newton. Ein Prädikat, das der 1963 in Gent geborene Frank De Mulder schon längst mit Recht und Würde trägt. Tribute ist eine Art Best-of seines bisherigen Schaffens. Komprimierte Sinnlichkeit und Erotik. Großes Kino! (Gregor Auenhammer, Album, 31.10.2017)