Wien – Die Sorgen beim Anblick des nervös wirkenden Solisten – ein Infekt? Jetlag? – sollten sich verflüchtigen. Julian Rachlin war beim Symphoniker-Konzert schnell drin in den einmal sanften, ein andermal zerklüfteten Gemütslandschaften des Violinkonzerts von Brahms: Spätestens im Durchführungsteil des 1. Satzes agierte er mit fiebriger Energie.

Nach wundervollen Zurücknahmen im Adagio interpretierte er den 3. Satz als eine martialische Kampfhandlung; das aufsteigende Oktaventhema wurde mit soldatischer Aggressivität hingefetzt wie auch das Hauptthema. Fröhlich klang in diesem Allegro giocoso nichts. Mit einer sich auf zache Weise zerdehnenden Sarabande aus der 2. Bach-Partita bedankte sich Rachlin für den Applaus.

Spannung, Action, Tanzfreuden

Stromab ging es dann bei der Erstaufführung des gleichnamigen Orchesterstücks von Johannes Maria Staud. Das fünfzehnminütige Werk ist inspiriert von Algernon Blackwoods horrorlastiger Kurzgeschichte The Willows (Die Weiden) und bietet in fließender Folge Spannung, Action und sogar kurze Tanzfreuden. Stromab beginnt flächig, mit gleißenden Effekten; dann dominiert ein rhythmisiertes Agieren des Orchesters, garniert mit spannungsförderndem Geflirre. 2018 wird übrigens Stauds Oper Die Weiden an der Staatsoper uraufgeführt.

Alles im Fluss war auch bei Schumanns Zweiter. Dirigent François-Xavier Roth entpuppte sich als Feingeist mit Vorliebe für Lyrisches und tänzerischen Esprit. Der Franzose erhüpfte sich eine festliche Präsentation des Kopfsatz-Hauptthemas; dessen Euphorie und Elan behielten immer eine jugendlich-schlanke Zeichnung und wucherten nie ins Fette, Erdrückende aus. (sten, 27.10.2017)