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Wahlsieger Andrej Babiš hat die Bildung einer Minderheitsregierung aus Ano-Politikern und parteilosen Experten vorgeschlagen.

Foto: REUTERS/David W Cerny

Während sich in Österreich bereits die Bildung einer schwarz-blauen Koalition abzeichnet, ist in Tschechien, wo eine Woche später gewählt wurde, noch keine Regierung in Sicht. Wahlsieger Andrej Babiš, Chef der liberal-populistischen Partei Ano, hat eine erste Gesprächsrunde mit Vertretern aller anderen Parlamentsparteien absolviert. Mit Ausnahme der rechtspopulistischen und fremdenfeindlichen Gruppierung "Freiheit und direkte Demokratie" (SPD) lehnen jedoch alle Parteien eine Koalition mit Ano ab. Die SPD plädiert unter anderem für einen Austritt Tschechiens aus der EU, was wiederum inkompatibel mit dem Programm von Ano ist.

Der Milliardär Babiš hat daher die Bildung einer Minderheitsregierung aus Ano-Politikern und parteilosen Experten ins Spiel gebracht. Auch für ein solches Kabinett zeichnet sich in den Reihen der anderen Parteien aber keinerlei Unterstützung ab. Auch die SPD hat angekündigt, keine "Staffage" für Babiš sein zu wollen, ohne dabei ihr Programm umsetzen zu können. Beobachter spekulieren daher bereits über mögliche einzelne Überläufer, die schließlich doch eine Minderheitsregierung von Ano ermöglichen könnten. In der Vergangenheit haben in Tschechien immer wieder einzelne Überläufer bei knappen Mehrheitsverhältnissen Regierungen gestützt. Zur absoluten Mehrheit fehlen Ano jedoch 23 Mandate.

Auszeichnung für Häupl

Der tschechische Präsident Miloš Zeman überreichte indes Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) am Samstagabend auf der Prager Burg die höchste staatliche Auszeichnung, den Orden des Weißen Löwen. Anlässlich des tschechischen Staatsfeiertags, des 99. Jahrestags der Gründung der Tschechoslowakei am Ende des Ersten Weltkriegs, wurden insgesamt 39 Personen geehrt, darunter auch der deutsche Ex-Kanzler Gerhard Schröder und der slowenische Präsident Borut Pahor.

Häupl hatte sich im Vorfeld der Verleihung des Ordens, der für "besonders hervorragende Verdienste um die Tschechische Republik" vergeben wird, für einen verstärkten Dialog zwischen beiden Ländern ausgesprochen, unter anderem auch in strittigen Fragen wie etwa der Energiepolitik. Der ehemalige Sozialdemokrat Zeman, der sich vor Jahren im Streit von seiner Partei getrennt hatte, spielte bei seiner Ansprache auf der Prager Burg auch auf das Ergebnis der Nationalratswahl in Österreich an und gratulierte Häupl "zu den 35 Prozent Ihrer Partei in Wien". (Gerald Schubert aus Prag, 29.10.2017)