Am Ende der von Weggefährten ausgewählten Hommage an Hans Hurch steht Robert Bressons Au hasard Balthazar. Jean-Luc Godard, den man immer für ein gutes Zitat bemühen kann, hat über diesen Film einmal gesagt, er sei "die Welt in anderthalb Stunden". Das ist ein schöner Satz, der schon deshalb stimmen muss, weil man ihn nicht belegen, sondern nur erfahren kann. Denn jeder Mensch, der diesen Film einmal im Leben gesehen hat, wird ihn niemals wieder vergessen. Das hat viel damit zu tun, dass es sich bei der leidenden Kreatur im Film um einen Esel handelt, der von einem grausamen Herrn zum nächsten gerät, bevor er stirbt.

Als Tilda Swinton den Film ausgewählt hat – sie war 2009 der Stargast der Viennale, einer der unvergesslichsten, nebenbei gesagt -, konnte sie nicht wissen, dass Anne Wiazemsky diesen Oktober sterben würde. In Au hasard Balthazar spielte die Französin 18-jährig ihre erste Rolle als Marie, das Mädchen, das dem geschundenen Tier zur Seite steht. Ihre großen Augen spiegeln das Entsetzen über eine Welt, die nicht ablässt von Balthazar, deren Gewalt in der Wiederholung der immer gleichen Absicht steckt.

So wird dieses Screening am Donnerstag auch ein Farewell für Anne Wiazemsky. Im Jahr 1967, nur ein Jahr nach dem Film, hat sie übrigens Godard geheiratet. Die Welt in anderthalb Stunden – wer weiß, ob Godard da nur an den Esel dachte. (Dominik Kamalzadeh, 30.10.2017)