Wien/Istanbul – Unter den 156 Personen, die am Wochenende in der Türkei bei landesweiten Razzien wegen angeblicher Mitgliedschaft in der Terrormiliz "Islamischer Staat" festgenommen worden sind, sollen auch zwei türkischstämmige Österreicher sein. Das geht aus einem Bericht der Zeitung "Hürriyet" hervor, den diese am Montag unter Berufung auf Polizeiangaben veröffentlichte.

Bei den Festgenommenen handelt es sich demnach um ein Paar, das einen Anschlag auf ein Einkaufszentrum in Istanbul geplant haben soll. Die Frau und der Mann sollen in den vergangenen fünf Jahren allerdings in Arnavutköy gelebt haben, einem Bezirk im Norden der Stadt.

Keine Details zu verhafteten Personen bekannt

In Österreich wollte den Bericht zunächst weder das Außen- noch das Innenministerium bestätigen. "Wir stehen aber mit den türkischen Behörden in Kontakt", sagen die Sprecher beider Ministerien, Thomas Schnöll und Karl-Heinz Grundböck, auf Anfrage des STANDARD. Details zu den festgenommenen Österreichern wurden vorerst nicht bekannt.

Das Innenministerium schätzt, dass sich in den vergangenen Jahren etwa 300 Personen aus Österreich islamistischen Terrorgruppen angeschlossen haben – vor allem, um sich an Kämpfen in Syrien oder dem Irak zu beteiligen. Rund ein Fünftel seien Frauen, teilweise würden sogar Familien mit Kindern in die Kriegsgebiete ziehen. Rund 90 solcher Kämpfer seien mittlerweile wieder nach Österreich zurückgekehrt.

Bilder von der Passkontrolle

Die türkische Polizei veröffentlichte Bilder von drei Verdächtigen: dem Paar und einem dritten Mann. Alle Bilder stammen von der Passkontrolle bei der Ein- und Ausreise am Istanbuler Flughafen Atatürk. Die Verdächtigen waren am Samstagnachmittag in der Tiefgarage eines Einkaufszentrums festgenommen worden, als sie angeblich von ihren dort geparkten Fahrzeugen flüchten wollten. Ein vierter Terrorverdächtiger wurde dabei durch einen Schuss ins Bein verletzt.

In einem Auto und im Gepäck eines Motorrads fand die Polizei 66 selbstgemachte Bomben, Fernzünder, aber auch Westen, wie sie Selbstmordattentäter tragen. Möglicherweise wollten die Festgenommenen einen Anschlag auf Besucher im Forum Istanbul, einem großen Einkaufszentrum in Bayrampaşa im Westen der Stadt, verüben. Am Sonntag feierte die Türkei den 94. Jahrestag der Gründung der Republik.

Auf die Spur der Fahrzeuge kam die Polizei bei der Durchsuchung von Wohnungen der später in Arnavutköy und in Esenyurt Festgenommenen. Auch dort fand sie zahlreiches Material für den Bau von Bomben. Seit dem Anschlag auf den – mittlerweile abgerissenen – Istanbuler Nachtklub Reina in der Neujahrsnacht 2017 war die Türkei von Terrorakten des IS verschont geblieben. Gegen den mutmaßlichen Reina-Attentäter läuft derzeit ein Gerichtsprozess. (Gerald Schubert, Markus Bernath, 30.10.2017)