Bei Carolin Kebekus gehen Feminismus und Kraftausdrücke mit Nagellack und Minirock ohne weiteres zusammen.

Foto: Axl Klein

Wien – "Es gibt einen speziellen Platz in der Hölle für Frauen, die anderen Frauen nicht helfen", sagte Madeleine Albright, dereinst US-Staatssekretärin, einmal. Ein Platz auf der Welt, wo solche Frauen sicher nicht zu finden sind, ist vor jeder beliebigen Bühne, wenn Carolin Kebekus auftritt. Aktuell tourt die deutsche Komikerin mit ihrem – ist der Ruf erst ruiniert, titelt es sich ungeniert – Programm "Alpha Pussy". Für zwei Termine ist sie damit in der Wiener Stadthalle (Halle F) zu Gast. In ihren Worten: "Es ist Pussy-Zeit!"

Zu der begrüßte Kebekus die Fans am Sonntag mit einer Einlage über das Wienerische, wo "kotzen" geradezu lieblich "ein Spuckerl machen" heiße. Verniedlichungen sind sonst aber nicht das Ihre, und wenn, dann höchstens ironisch, wenn sie die Tussi mimt. Die Pussyanführerin mag Bier und Humor über (zu) viel Alkoholgenuss, sich übergeben, Fürze ("Ich bin der Furzias") und natürlich Sex. Die Alpha-Pussy wird dabei zuweilen zum Alpha-Rowdy. Dicke Männer und weibliche "skinny bitches", nehmt euch in Acht!

Schlampen, Töchter und Mütter

Auch Schlagersängerin Helene Fischer findet Kebekus, gelinde gesagt, nicht gut. "Aber wahrscheinlich ist sie sogar nett, die Schlampe." Schlager kann sie schon allein aus entwicklungspsychologischen Gründen nicht goutieren. Dazu könne man nämlich nicht rebellieren, "bloß aufräumen". Und Rebellieren findet sie bei Jugendlichen, Aufräumen dagegen bloß bei Müttern eine angemessene Beschäftigung. Man geht als Tochter nicht mit seiner Mutter in die Disco! Mütter stehen abends zu Hause und sortieren Tupperdosen. Ist es ein Feminismus für die nur unter 40-Jährigen, den Kebekus da grölt?

Aber sie bemüht sich um die Wirklichkeit. Um falsche Körperideale etwa oder Ernährungstipps, die eigentlich "Verhunger-Tipps" seien. Wenn erwachsene Frauen einander Süße nennen und Mädchen niedlich sein wollen – wie soll da feministischer Kampfgeist entstehen? Auch sei "Sexskandal" der falsche Name für die jüngst bekanntgewordenen Vorwürfe gegen Hollywoodproduzent Harvey Weinstein, denn Sex habe mit Einvernehmen zu tun. Das aber seien Vergewaltigungen gewesen und also ein Missbrauchsskandal.

Lange (Damen-)Bärte

Anderen Nummern arbeitet die Zeit zuwider. Das Programm gibt es nun schon seit bald zwei Jahren. Spricht Kebekus etwa von der Kölner Silvesternacht 2015 und dass jedes iPhone rechtlich besser gegen Diebstahl geschützt sei als Frauen gegen Grapscher, hat sie ja recht. Der Anlassfall hat aber eben auch schon einen ziemlich langen (Damen-)Bart. Dass nicht nur junge Männer, sondern auch Frauen nach Syrien ziehen, um sich dem IS anzuschließen ("Lieber zwangsverheiratet als bei Tinder nach links gewischt!"), ist nicht frischer als die Verfilmungen der Romanreihe "50 Shades of Grey".

1999 startete sie im Fernsehcomedyfach, dort ist sie noch immer zu sehen. 2011 stemmte Kebekus daneben ihr erstes abendfüllendes Soloprogramm "Pussy Terror". Auf der Suche nach Witzen landet die 37-jährige Kölnerin letztlich meist beim Brachialen. Dafür ist sie bekannt, diese Nische besetzt sie – von einer größeren Öffentlichkeit wahrgenommen – im deutschen Sprachraum als eine von wenigen. "Bloß nicht zu viel Potenzial zeigen, sonst hält man eine für schwierig."

Kebekus kann derb und durchdacht. Das ist ihr mehr anzurechnen als viele einzelne Gags, die letztlich doch auf banale Art Diskurse aufgreifen und konditionierte Lacher bedienen. Auch wenn wiederum gerade in dieser Derbheit ein Feminismus liegen mag. (Michael Wurmitzer, 30.10.2017)