Man fühlt sich an den guten, alten Shakespeare erinnert, bloß dass er seine Stücke meist so anlegte, dass sich das Unheil eher bedächtig anschlich, bevor es unerbittlich zuschlug. Im Fall der Anklage von Paul Manafort – immerhin kein Geringerer als der ehemalige Wahlkampfchef des heutigen US-Präsidenten – beginnt das Drama hingegen mit einem Paukenschlag. Und es steht zu erwarten, dass es genauso wie bei den Bühnenstücken des Meisters noch zu aufsehenerregenden Überraschungen kommen wird.

Das Ende dieses Dramas bleibt freilich vorerst offen, doch der ehemalige FBI-Chef und nunmehrige Sonderermittler Robert Mueller weiß, wie man eine perfekte Inszenierung anlegt. Indem er Manafort und dessen einstigen Geschäftspartner Rick Gates vorlud, setzt er nicht bloß auf "unbedeutende Außenseiter", wie Trump abzuschwächen versucht; nein, indem er gleich mit Klagen im unmittelbaren Umfeld des Präsidenten beginnt, macht er von Anfang an gehörig Druck. Offenbar glaubt Mueller (auch ihn versuchte der US-Präsident zuletzt immer wieder zu diskreditieren) in Manafort einen robusten Hebel gefunden zu haben.

Vielleicht schaut ja ein Deal heraus für Manafort, dem vorderhand Steuerbetrug, Geldwäsche und – etwa durch seine Lobbytätigkeit für den russlandfreundlichen ukrainischen Ex-Präsidenten Wiktor Janukowitsch – sogar "Verschwörung gegen die USA" zur Last gelegt werden. Das sind zwar alles keine Anschuldigungen, die direkt mit der angeblich von Moskau beeinflussten US-Wahl zu tun haben; sie sind aber dazu geeignet, die Einzelperson Manafort massiv unter Druck zu setzen.

Gib es einen Deal?

Möglicherweise plant Mueller in Wirklichkeit gar nicht Manaforts juristische Vernichtung, sondern vielmehr, ihn zur Kooperation in Sachen US-Wahl und "Russia Connection" zu bewegen, indem er ihm Strafminderung in den beschriebenen Punkten anbietet. Würde es so weit kommen, wäre das Drama um eine klassische Facette reicher: Verrat – zumindest würde das der König in einem Shakespeare-Stück so sehen.

Auch die Tatsache, dass Sonderermittler Mueller erst am Montag bekanntgab, dass ein weiterer Trump-Berater, nämlich George Papadopoulos, schon seit Juli in Haft ist, passt zu dieser Dramaturgie: Überraschung und Knalleffekte. Der PR-Profi soll dem FBI schon vor Monaten gestanden haben, die Ermittler über seine tatsächlichen Verbindungen zu Russland belogen zu haben.

Doch natürlich geht es in diesem Stück gar nicht um diese Untergebenen, sondern um den König – und der wird schön langsam unruhig und beginnt via Twitter, Distanz zu ihnen herzustellen. Das Drama nimmt seinen Lauf. Wir haben soeben die Eröffnung des ersten Akts erlebt. Fortsetzung folgt, bitte bleiben Sie sitzen. (Gianluca Wallisch, 31.10.2017)