Ein Tapirweibchen mit ihrem Kalb im National Zoo in Masaya, Nicaragua. Der Mittelamerikanische Tapir (Tapirus bairdii) ist mittlerweile stark vom Aussterben bedroht, ein Zuchtprogramm soll die Spezies retten.

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Managua – Im Kampf gegen den Klimawandel spielen tropische Wälder eine entscheidende Rolle. Nicht nur Aufforstung ist für ihren Erhalt unabdingbar, sondern auch eine vielfältige Tierwelt. Dazu gehören unter anderem Tapire, da sie als Fruchtfresser mit ihren Ausscheidungen die Samen der Tropengewächse verteilen. Doch die braunen Rüsseltiere sind selbst stark bedroht – durch Wilderer, Abholzung und eben auch den Klimawandel.

Der Zoo von Ticuantepe unweit des Masaya-Vulkans im Osten Nicaraguas züchtet Tapire, um ihre Art zu retten. Geleitet wird das Projekt vom Wildtierexperten Eduardo Sacasa. Er hält die Tapire für die "meistbedrohten" Tiere Nicaraguas – gefährdet durch "Abholzung, der Ausdehnung von Feldern und Weideland sowie durch den verbotenen Verkauf ihres Fleischs".

Nur mehr fünf Arten

Auch der Klimawandel setzt den Wäldern und damit dem Lebensraum der größten Säugetiere Zentralamerikas zu. Die Weltnaturschutzunion (IUCN) stuft den Mittelamerikanischen Tapir (Tapirus bairdii) als stark gefährdet ein. Er gehört zu den fünf überlebenden Tapir-Arten weltweit – 16 Arten wurden durch Wilderer und Raubkatzen bereits ausgerottet.

Ihre Zucht im Zoo ist schwierig: Nach 14 Monaten Tragzeit bringen die Weibchen nur ein einziges Jungtier zur Welt. Im Moment sind drei Tapire in Ticuantepe trächtig, darunter die zwölfjährige Rosita und die neunjährige Pueblana. Bald sollen einige der Tiere ausgewildert werden – doch vor drei Jahren wurde ein ähnliches Vorhaben schon einmal kurzfristig gestoppt, weil niemand für die Sicherheit der Tiere in ihrem künftigen Lebensraum garantieren konnte.

Zu den Tapiren, die nun per Armeehubschrauber in ein schwer zugängliches Reservat an Nicaraguas Karibikküste gebracht werden sollen, gehört der zweijährige Tilba. Weil er noch recht jung ist, hat er nach Einschätzung der Experten gute Chancen, sich in freier Wildbahn zurechtzufinden.

Überwachung per Kamera und GPS-Halsband

In seiner neuen Heimat haben sie bereits ein Weibchen gefunden, das zu ihm passen könnte. Auch nach ihrer Auswilderung will Projektleiter Sacasa die Tiere mithilfe von GPS-Halsbänder und etwa 150 im Dschungel installierten Kameras überwachen.

In Nicaragua leben noch rund 800 Baird-Tapire, wie sie auch genannt werden. In ganz Mittelamerika sind es nach Schätzung von Artenschützern noch etwa 3.000. Werden nicht schnell Maßnahmen zu ihrer Erhaltung eingeleitet, könnte ihre Zahl laut IUCN in den kommenden Jahren um 80 Prozent schrumpfen. Bereits in den vergangenen drei Generationen wurde die Population demnach mehr als halbiert.

Ortsgebundene Nachtwesen

Die weitgehend nachtaktiven Tiere bringen zwischen 200 und 300 Kilogramm auf die Waage und werden zwischen 15 und 40 Jahre alt. Sie bewegen sich normalerweise in einem Radius von neun Kilometern. Ändert sich ihre Umgebung, gefährdet dies ihr Überleben.

Nach IUCN-Angaben gingen in den vergangenen 40 Jahren 70 Prozent der mittelamerikanischen Wälder verloren. Laut dem Umweltberater der nicaraguanischen Regierung, Jaime Incer, sind die Tapire bereits weitgehend von der westlichen Pazifikküste Nicaraguas verschwunden. Da das Land jährlich zwischen 50.000 und 60.000 Hektar Wald verliert, werde sich dieser Trend noch verstärken.

Sacasa zufolge ist der Tapir neben Ameisenbären, Jaguaren, Pumas, Brüllaffen und Kapuzineraffen nur einer von 28 Säugetierarten, die von der Zerstörung des Ökosystems in Nicaragua bedroht sind. Zusätzliche Sorgen bereitet den Umweltschützern ein Plan der Regierung, einen 278 Kilometer langen Kanal zu bauen, der dem Panama-Kanal Konkurrenz machen soll. Das Mega-Bauprojekt des chinesischen Konzerns HKND belastet zusätzlich 17 gefährdete Arten, wie der Konzern selbst einräumt. Zu ihnen gehört – erneut – der Tapir. (APA, red, 6.11.2017)