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"Heute sind wir auf der Halloween-Parade, um zu sagen: Ihr habt nicht gewonnen", sagte Gouverneur Andrew Cuomo auf CNN.

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Polizisten sperren die Gegend rund um den Tatort ab.

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New Yorker legen Blumen für die Opfer ab.

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New York – Das einzig Erschreckende am Dienstagabend in New York sollten die mehr oder weniger dem Horror-Thema gewidmeten Halloween-Verkleidungen sein – und tatsächlich waren im Großteil der Stadt den ganzen Abend die traditionellen Parties zur Nacht auf den 1. November im Gange, selbst wenige Blocks vom Ort jenes Anschlags entfernt, der am frühen Abend acht Menschen das Leben gekostet hatte.

Ein 29-Jähriger hatte in New Jersey einen Transporter von Home Depot (einer mit Bauhaus vergleichbaren Baumarktkette, die solche Fahrzeuge für 19 Dollar oder 16,3 Euro vermietet) geliehen und war damit auf einen Radstreifen in Lower Manhattan gerast. Er überfuhr Radfahrer und Fußgänger, rammte einen Schulbus. Augenzeugen zufolge soll er dann ausgestiegen sein mit dem Ruf "Allahu Akhbar".

Auf dem Radstreifen am Westside Highway zwischen Houston und Chambers Street starben – vor den Augen der Schüler einer nahen Schule – acht Personen, elf wurden verletzt. Unter den Opfern sind mehrere EU-Bürger aus Belgien und mehrere Argentinier.

2010 eingewandert

Der Amokfahrer stieg schließlich aus dem Wagen aus und fuchtelte mit zwei Waffen herum – was von Terrorexpeten dahingehend interpretiert wurde, dass der mutmaßliche Terrorist darauf spekulierte, als Kämpfer für den Jihad gesehen und von der Polizei erschossen zu werden, wie viele andere islamistische Terroristen zuvor. Dies würde ihn zum Märtyrer machen, der nach den Vorstellungen des radikalen Islam sofort ins Paradies kommen würde. Doch die New Yorker Polizisten zielten besser, verletzten den Angreifer bloß und konnten ihn im Spital befragen.

Der Täter soll 2010 in die USA eingewandert sein und eigentlich in Tampa, Florida leben. Der mutmaßliche Terrorist hat sich laut weiteren Medienberichten in einer beim Fahrzeug gefundenen Notiz auch zum IS bekannt. Viele Fragen sind für die Terrorexperten in den TV-Sendern aber offen: Warum konnte er überhaupt in die USA einreisen, wann ist er radikalisiert worden, zu welchen anderen möglicherweise radikalen Muslimen hatte er Kontakt und vor allem was kann dagegen getan werden, dass Angreifer völlig legal Fahrzeuge mieten, die sie dann als Waffen verwenden?

Poller als Schutz vor motorisierten Angreifern

Der kalifornische Terror-Experte Aaron Cohen sagte auf "Fox News", dass man zumindest mehr Poller aufstellen müsse, um Fußgänger und Radfahrer vor motorisierten Islamisten zu schützen. Im österreichischen Wahlkampf hatte Heinz-Christian Strache (er will bekanntlich Innenminister werden) erst vor drei Wochen gehöhnt "Poller sind der nächste Holler".

Die New Yorker Polizei reagierte jedenfalls umgehend mit erhöhter Präsenz, an beinahe jeder Subway-Station in Manhattan standen am Dienstagabend uniformierte Beamte. Einige zentrale Straßenzüge wurden gesperrt und besonders Lastwagen kontrolliert. Über Manhattan kreisten die halbe Nacht über Hubschrauber.

Unbeeindruckt vom Anschlag

Auffallend ruhig waren die Reaktionen der Bürger in der Stadt: Halloween-Feste fanden etwa auf der 6th Avenue in Greenwich Village und rund um den Times-Square statt. Das nahe Empire State Building wurde ebenso wie der Freedom Tower des wiederaufgebauten World Trade Center in den Nationalfarben rot, weiß und blau beleuchtet. Die tausenden Partygäste wollten – wie einige auf lokalen Fernsehsendern bekundeten – mit ihrer Ausgelassenheit demonstrieren, dass sich die New Yorker nicht durch den radikalen Islam oder seine Gewalt beeindrucken lassen.

Dazu hatte auch Gouverneur Andrew Cuomo, ein Demokrat, über CNN aufgerufen: "Heute sind wir auf der Halloween-Parade, um zu sagen: Ihr habt nicht gewonnen, ihr könnt uns nicht beeinträchtigen, wir sind hier heraußen und feiern und tun, was New Yorker tun. Wir leben unsere Leben, weil wir Terroristen nicht gewinnen lassen. Punkt."

Politisches Kleingeld im rechten Lager

Präsident Donald Trump allerdings ist beeindruckt. Er nahm den Anschlag zum Anlass, gegen die Linke und die Political Correctness zu twittern: Political Correctness sei in Ordnung, "but not for this". In den US-Medien wurde auch rasch ein Duell um die "richtige" Interpretation des Anschlags gestartet: Der rechtsgerichtete Sender "Fox News" machte die Immigrationspolitik der Obama-Administration und die von Obama eingesetzte Richterschaft für den Terrorismus verantwortlich – während CNN bemüht war, zu differenzieren. Am Westside Highway, von wo CNN live übertragen hat, tauchten Demonstranten mit Schildern auf, die CNN mit ISIS gleichsetzten. (Conrad Seidl aus New York, 1.11.2017)