Harald Mahrer wird ein gutes Verhältnis zum aktuellen ÖVP-Chef Sebastian Kurz nachgesagt.

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In der Wirtschaftskammer tobte seit Längerem ein Kampf um die Nachfolge Christoph Leitls.

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Wien – Harald Mahrer war in letzter Zeit viel unterwegs in Österreich. So weit ist das für einen Wirtschaftsminister im Wahlkampf nicht ungewöhnlich. Da der 44-Jährige aber mitunter auch bei relativ unbedeutenden regionalen Veranstaltungen des schwarzen Wirtschaftsbundes auftauchte, drängte sich für Beobachter der Verdacht auf: Da ist jemand auf Werbetour für den höchsten Posten in der Wirtschaftskammer unterwegs.

Mahrer wurde schon länger als möglicher Nachfolger von Christoph Leitl gehandelt. Seit Mittwoch gilt er aber als großer Favorit. Wie DER STANDARD aus ÖVP-Kreisen erfahren hat, wird Leitl den Minister am Donnerstag bei einer Sitzung des rund 40- köpfigen Wirtschaftsbund-Präsidiums selbst vorschlagen. Am Mittwochabend fanden bereits Vorgespräche mit den Wirtschaftsbund-Landesobleuten statt.

Zuerst Wirtschaftsbund

In einem ersten Schritt soll Mahrer demnach nur die Spitze des Wirtschaftsbundes übernehmen. Da diese ÖVP-Teilorganisation aber die mit Abstand größte Fraktion in der Wirtschaftskammer ist, wäre damit auch eine Vorentscheidung für die Präsidentschaft verbunden. Dem Vernehmen nach könnte Leitl diese Funktion Mitte 2018 übergeben.

Leitl wollte sich am Mittwoch auf STANDARD-Anfrage nicht näher äußern, bestätigte aber die vereinbarten Treffen sowie den Plan, nun rasch zu einer Lösung zu kommen: "Wenn wir uns auf einen einvernehmlichen Vorschlag einigen können, würde ich das begrüßen." Näheres werde dann am Donnerstag kommuniziert, so der 68-Jährige.

Rätselraten in Kammer

Über die näheren Hintergründe der beschleunigten Vorgangsweise herrschte Kammer-intern Rätselraten. Kurz nach der Nationalratswahl hatte Leitl noch betont, nun zwar mit der Suche nach einem Nachfolger beginnen zu wollen, es mit einer Entscheidung aber nicht eilig zu haben.

Nun dürfte Leitl, wie aus seinem Umfeld zu hören ist, überzeugt sein, eine Mehrheit für Mahrer beisammen zu haben. Nicht alle WKO-Landesorganisationen wurden aber offenbar im Vorfeld eingebunden. Wie berichtet hatten auch der steirische WKO-Chef Josef Herk sowie der Wiener Präsident Walter Ruck Ambitionen auf den Präsidentenposten.

Gegner Ruck

Vor allem Ruck warb, wie dem STANDARD mitgeteilt wurde, bis zuletzt um Unterstützung. Er war auch Teil jener Fraktion, die mit Leitls Kurs nicht immer einverstanden war. Für Unmut sorgten etwa die jüngste Kammerreform und auch die Grundsatzeinigung auf einen Mindestlohn von 1500 Euro in möglichst allen Branchen bis zum Jahr 2020.

Unklar war zunächst, ob es einen Zusammenhang zu den aktuellen Regierungsverhandlungen gibt. Wie berichtet fordert die FPÖ die Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft bei den Kammern. Mahrer wurde zwar lange ein gutes Verhältnis zu ÖVP-Chef Sebastian Kurz nachgesagt, Teil des Verhandlungsteams ist er aber nicht. Im Wirtschaftsbund fühlt man sich generell zu wenig in die Verhandlungen eingebunden, wie Schwarze bekritteln.

Konzentration auf Kernaufgaben

In der WKO wird nun bereits überlegt, den präsumtiven Regierungsparteien eigene Konzepte vorzulegen. Inhalt: Konzentration der WKO auf die Kernaufgaben, mehr Service, die Ausgaben für PR-Aktivitäten wie Kammerzeitungen zurückfahren.

Die Haltung gegenüber der nächsten Regierung ist auch eines der Themen, die im Zusammenhang mit der Präsidentenfrage diskutiert werden. Mahrer, der sich in den vergangenen Jahren vor allem für die Start-up-Szene stark gemacht hat, soll bei informellen Gesprächen nicht immer von der Sinnhaftigkeit der Pflichtmitgliedschaft überzeugt gewesen sein. Das beunruhigt seine Kritiker.

Noch Firmeneigentümer

Vorgeworfen wird ihm von einigen Kämmerern auch, dass seine früheren PR- und Unternehmensberater-Aktivitäten nicht als das "große Unternehmertum" anzusehen seien. Als Minister hatte Mahrer ein Berufsverbot. Bei seiner früheren Firma, der HM Tauern Holding GmbH, ist er aber noch immer Alleingesellschafter. Hier könnte er also jederzeit wieder aktiv werden. Als Geschäftsführerin der Gesellschaft fungiert derzeit Mahrers Ehefrau.

Mahrer ist 44 Jahre alt, war, bevor er Minister wurde, bereits Staatssekretär im Wirtschaftsministerium unter dem damaligen Parteichef Reinhold Mitterlehner. Vor seiner politischen Karriere war der in Wien und Kärnten lebende Mahrer im PR- und Lobbyinggeschäft tätig. Unter anderem war er geschäftsführender Gesellschafter bei der Agentur Pleon Publico. In jungen Jahren engagierte sich Mahrer in der Studentenpolitik. Von 1995 bis 1997 war er ÖH-Vorsitzender an der Wirtschaftsuni Wien. (Günther Oswald, 1.11.2017)