Wer in luftige Gefilde will, sollte auf die Kraft seiner Finger vertrauen können. Das ruft jetzt auch Designer und Handwerker auf den Plan.

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Wien – Jakob Glasner klettert, um am Boden zu bleiben. Es sei sein Ausgleich zur Kunst und ein kreativer Prozess obendrein, meint der Steirer und erinnert an Erstbegeher, die eine Linie durch die Felswand suchen. Der 30-Jährige studierte an der Universität für angewandte Kunst Wien, arbeitete parallel dazu als Kletterlehrer, experimentierte mit Bouldern im städtischen Altbau und feilte an einem mobilen Trainingsgerät für Sportler unter dem klingenden Namen Fingerschinder. Dieses holte sich heuer den Staatspreis für Design.

Glasner versucht damit nun den Sprung ins Unternehmertum. "Ich will nicht etwas auf dem Papier entwerfen, das wenig später wieder in der Schublade verschwindet." Ziel sei es, ein Projekt von der Idee über die Produktion bis hin zum Vertrieb durchzuziehen. "Auch wenn ich kein Marketingexperte bin und nie einer sein werde." Gefertigt wird bei regionalen Tischlereien, die sich der Designer als Partner holte. Die Finanzierung soll über Crowdfunding laufen. 3.000 Euro will der Fingerschinder innerhalb eines Monats mit der Kraft des Schwarms mobilisieren. Mitte November geht es auf der Plattform Kickstarter los. Das Geld fließt in Fräßkopf und Formen, die eine Serienproduktion ermöglichen.

Griffschlitze in Turnringen versprechen Muskeltraining bis in die Fingerspitzen. Glasner testete dafür Prototypen mit Profikletterern, Parkourläufern und Physiotherapeuten. Ihr Muskelkater war dem gebürtigen Passailer Anstoß und Bestätigung. Einige hundert Fingerschinder hat er bisher über zwei deutsche Onlinehändler und die eigene Homepage verkauft. Exportiert wurde in 17 Länder, teils bis nach Chile. Interesse zeigten vor allem Schweizer, Deutsche und Skandinavier.

Leistbares Handwerk

Verdient hat Glasner damit bisher selbst freilich noch nichts. Aber das sei auch nicht sein Antrieb, versichert er. Ihm gehe es darum, Handwerk auch für Menschen mit niedrigem Einkommen erschwinglich zu machen. Derzeit sei gute Tischlerarbeit zumeist ja nur Vermögenden zugänglich. Zum anderen eröffneten sich durch innovatives Design neue Absatzwege für kleine Familienbetriebe. Setzt sich seine erste unternehmerische Fingerübung durch, will er diesen Weg auch mit anderen Vollholzprodukten beschreiten.

Knochenarbeit bleibt es auf jeden Fall. Da ist zum einen der Vertrieb, den es im Alleingang anzukurbeln gilt. Großhändler verlangen in der Regel Handelsspannen von rund 50 Prozent. Prominente Athleten lassen sich auch im Bergsport kaum für Produkte gewinnen, ohne daran zu verdienen. Und in der Kletterszene sei die Aufbruchstimmung, die noch vor gut fünf Jahren auf dem Markt geherrscht hatte, vorbei, zieht Glasner Bilanz. "Der große Hype ging seither sicher verloren, vieles hat sich halt professionalisiert."

Angst vor Trittbrettfahrern

Ein Kräftemessen droht ihm zudem mit so manchem Trittbrettfahrer. Immer wieder werde in der Outdoorbranche neues Design vorgeschlagen, das erst abgelehnt und dann doch realisiert werde – allerdings von anderen Anbietern, erzählt er. Sein Design vor Kopien schützen lassen hat er auf Anraten eines Patentanwalts nicht: Projekten wie dem seinen fehle nämlich schlichtweg das Budget, um Verstöße einklagen zu können. "Ich vertraue darauf, dass es genug Kunden gibt, die Wert aufs Original und seine Geschichte legen."

Fix ist eine Kooperation mit der Boulderbar. Fuß fassen will Glasner mit dem Fingertraining auch in Sporthandelsketten, Kletterhallen, Fitnessstudios und Schulen. (Verena Kainrath, 2.11.2017)