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Ein beliebter Radweg entlang des Hudson River wurde zur tödlichen Falle. Auf einer Strecke von eineinhalb Kilometern überfuhr ein Terrorist Radfahrer und Spaziergänger.

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Die Polizei sucht Mukhammadzoir Kadirov.

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Menschen halten Gedenkfeiern in New York ab.

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Die Polizei transportiert den Transporter ab, mit dem der Attentäter in die Menschenmenge gerast ist.

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Ausgerechnet Halloween. Ausgerechnet an dem Tag, den Amerikaner wie einen Karneval feiern, ist Manhattan zum Schauplatz eines Anschlags geworden. Der Radweg am Hudson River, auf den der Täter einbog, um Menschen niederzufahren, erfreut sich bei New Yorkern wie Touristen höchster Beliebtheit – ein Refugium, um der Hektik der Großstadt zu entfliehen. Bei Schönwetter sind dort Tausende unterwegs. Fährt man auf ihm am Fluss entlang Richtung Süden, fährt man auf das World Trade Center zu, neu aufgebaut, nachdem bei den Anschlägen am 11. September 2001 die Zwillingstürme eingestürzt waren.

Ob Sayfullo Saipov, den die Polizei als mutmaßlichen Täter identifizierte, seine Route so wählte, dass er die Wolkenkratzer dort im Blick hatte, ob seine Fahrt womöglich am Ort des Terrorinfernos enden sollte, auf solche Fragen versuchen die Ermittler noch Antworten zu finden. Der 29-Jährige, der vor sieben Jahren aus Usbekistan eingewandert war, liegt verletzt im Krankenhaus. Am Dienstagabend wurde er operiert. Während er vom Tatort zu fliehen versuchte, mit zwei Pistolenattrappen fuchtelnd, hatte ihn ein Polizist angeschossen.

Begonnen hat es am Dienstag um 15.05 Uhr, als Saipov seinen Pick-up vom West Side Highway auf den Rad- und Fußgängerweg lenkte. Der ist durch einen Grünstreifen von der achtspurigen Uferstraße getrennt, eine schmale Schneise, die zur tödlichen Falle wurde. Auf einer Strecke von eineinhalb Kilometern überfuhr und rammte Saipov Radfahrer, Jogger, Spaziergänger. Auf Höhe der Chambers Street, fünf Blocks vom World Trade Center entfernt, stieß sein Wagen mit einem Schulbus zusammen. Als der Fahrer aus seinem Pick-up sprang, soll er "Allahu akbar" gerufen haben, so glauben es Umstehende gehört zu haben. Am späten Abend kam die Opferbilanz: acht Tote und elf Verletzte. Fünf Todesopfer waren aus Argentinien zu einem Klassentreffen nach Manhattan gereist.

Fahndung nach zweitem Usbeken

Unklar ist noch, ob die Terrorfahnder Saipov bereits im Visier hatten, als er sein Attentat plante – was er den Behörden zufolge bereits seit Wochen tat. 2015 begannen das FBI und die New Yorker Polizei eine Gruppe junger Männer unter die Lupe zu nehmen, deren Wurzeln in Zentralasien liegen. Wegen mutmaßlicher Verbindungen zum "Islamischen Staat" (IS). Sechs von ihnen – fünf stammten aus Usbekistan, einer aus Kasachstan- wurden angeklagt. Im Zuge der Nachforschungen, berichten US-Medien, sei auch Saipovs Name auf dem Behördenradar aufgetaucht.

2010 war er aus Taschkent eingewandert, Gewinner einer Lotterie, die Green Cards verlost, Dokumente, die unbefristeten Aufenthalt in den USA garantieren. Des Englischen kaum mächtig, fing Saipov bei einer Spedition in Ohio an. Später verschlug es ihn nach Florida, irgendwann zog er nach Paterson, in eine Satellitenstadt am Rande New Yorks. Zuletzt fuhr er für Uber, den Fahrdienstvermittler. Einen Sicherheitscheck habe er problemlos bestanden, lässt das Unternehmen wissen. Saipov, sagt Andrew Cuomo, Gouverneur des Bundesstaats New York, sei erst in den USA zum radikalen Islamisten geworden.

Weitere Erkenntnisse erhoffen sich die Ermittler von der Vernehmung eines usbekischen Landsmanns des mutmaßlichen Attentäters. Der 32-Jährige sei bereits kurz nach Veröffentlichung eines Fahndungsplakats aufgespürt worden, teilte die Bundespolizei FBI am Mittwoch mit. Der Mann war zur Befragung gesucht worden. Einzelheiten nannte das FBI zunächst nicht.

Kritik an Green-Card-Lotterie

Während Cuomo wie Bill de Blasio, der Bürgermeister der Millionenmetropole, nach der Devise "New York lässt sich nicht aus der Bahn werfen" zur Gelassenheit raten, nutzt Donald Trump die Gelegenheit, um eine restriktivere Einwanderungspolitik zu fordern und sogar die Internierung des Verdächtigen in Guantanamo Bay in den Raum zu stellen. Am Donnerstag forderte der Präsident die Todesstrafe für den Angreifer.

Die Green-Card-Lotterie müsse abgeschafft werden, schrieb er in einem anderen Tweet. Bei der Lotterie, schob er sarkastisch hinterher, handle es sich um ein "Chuck-Schumer-Prachtstück".

Schumer, Fraktionschef der Demokraten im Senat, hatte 1990 für ein Gesetz gestimmt, das im Interesse ethnischer und kultureller Vielfalt Länder, aus denen bis dahin nur wenige Migranten in die USA gekommen waren, im Zuge des Losverfahrens stärker berücksichtigen sollte. Präsident Trump, konterte er am Mittwoch, solle sich lieber auf echte Lösungen konzentrieren, statt Amerika zu spalten, wie er es stets tue in Zeiten nationaler Tragödien. Er solle etwa die Terrorabwehr angemessen finanzieren, statt ihr, wie im neuesten Etatentwurf beschlossen, die Mittel zu kürzen. (red, Frank Herrmann aus Washington, 1.11.2017)