Wie ein vergleichsweise winziger Stern einen Riesen wie NGTS-1b hervorbringen konnte, stellt Astronomen vor ein Rätsel.

Illustr.: University of Warwick/Mark Garlick

Coventry/Wien – In Relation gesehen handelt es sich um ein regelrechtes Monstrum: Astronomen haben in 600 Lichtjahren Entfernung einen Exoplaneten erspäht, der dort eigentlich nicht existieren dürfte – zumindest wenn es nach den anerkannten Theorien zur Planetenentstehung geht. Nach bisherigen Erkenntnissen handelt es sich nicht nur um den größten je beobachteten Exoplaneten im Verhältnis zu seinem Muttergestirn, womöglich repräsentiert er auch eine bisher unbekannte Klasse von Welten.

Entdeckt wurde der Riese von einer internationalen Forschergruppe um Daniel Bayliss und Peter Wheatley von der britischen University of Warwick. Die nun in den "Monthly Notices of the Royal Astronomical Society" präsentierte Beobachtung gelang im Rahmen des Next Generation Transit Survey (NGTS), bei dem mithilfe von zwölf Teleskopen an der Europäischen Südsternwarte Eso in Chile der Nachthimmel nach unbekannten Exoplaneten durchforstet wird. Es ist der erste bedeutende Fund dieser erst kürzlich gestarteten Himmeldurchmusterung, was Hoffnungen auf weitere spannende Entdeckungen weckt.

Groß, heiß und wohl ziemlich leblos

Der Gigant mit der Bezeichnung NGTS-1b umkreist einen roten M-Zwergstern von etwa halber Sonnenmasse, der mit Abstand häufigsten Sternenklasse in der Galaxie. Der Gasriese dürfte mindestens die Größe unseres Jupiters aufweisen, allerdings eine um 20 Prozent geringere Masse besitzen. Er wurde in die Kategorie "Heißer Jupiter" eingereiht, weil er seinen Stern in einem sehr geringen Abstand von rund 4,5 Millionen Kilometern umkreist. Das entspricht nur drei Prozent der Distanz zwischen der Erde und unserer Sonne.

Für eine vollständige Runde benötigt der Exoplanet 2,6 Tage, das ergaben die periodischen Verdunkelungen des Muttersterns. Die Masse von NGTS-1b erschließt sich aus den Schwankungen des Sterns, die von der gravitativen Anziehung des Exoplaneten ausgelöst werden. Mit lebensfreundlichen Bedingungen darf man bei dem Riesen oder seinen eventuellen Monden daher nicht rechnen: Die Forscher gehen davon aus, dass auf der Wolkenoberfläche von NGTS-1b Temperaturen von 530 Grad Celsius herrschen.

Monströser Einzelfall?

"Obwohl es sich bei ihm um ein regelrechtes Monster handelt, war NGTS-1b nicht leicht zu finden", erklärt Wheatley. "Das liegt vor allen daran, dass sein Stern so klein und leuchtschwach ist." Aber genau hier liegt auch die Besonderheit dieses Exoplaneten, denn ein Stern dieser geringen Größte sollte theoretisch nur dazu in der Lage sein, kleine Gesteinsplaneten hervorzubringen.

"Für mehr reicht das Material eigentlich kaum aus", meint der Forscher. Wie es dennoch dazu kam, dass der Rote Zwerg einen solchen Gasriesen besitzt, bleibt vorerst ein Rätsel. "Unsere Aufgabe ist es nun herauszufinden, ob NGTS-1b ein einmaliger Gigant ist, oder ob derartige Kombinationen häufiger in unserer Galaxie vorkommen", so Wheatley. (tberg, 1.11.2017)