Decennatherium, eine Giraffenverwandte aus Spanien.
Illustration: Ríos et al

Madrid – Erst 1901 wurde das Okapi der Weltöffentlichkeit vorgestellt und veränderte unser Bild von Giraffen. Bis dahin kannte man nur jene Tiere, die – nicht nur für Säugetiere im allgemeinen, sondern auch für die Giraffenverwandtschaft – eine Extremform darstellten.

Denn einst war die Formenvielfalt innerhalb der Familie der Giraffenartigen viel größer: Manche Arten hatten einen langgestreckten statt auf maximale Höhe ausgerichteten Körper, manche waren bulliger gebaut als ein Elch, und auch die charakteristischen Stirnwaffen – Knochenzapfen, die von Haut und Fell bedeckt sind – konnten die verschiedensten Formen annehmen: von den kleinen "Hörnern" heutiger Giraffen bis zu ausladenden Schaufelgeweihen.

Die Fossilien zeigen, dass das Decennatherium ein ziemlicher Koloss war.
Illustration: Ríos et al

Ein ungewöhnlich kompletter Fossilienfund aus Spanien bereichert nun die Palette, die bereits über 30 ausgestorbene Arten umfasst. Wissenschafter um María Ríos von Spaniens Nationalem Museum für Naturgeschichte stellten im Fachmagazin "Plos One" eine Spezies vor, der sie den Namen Decennatherium gaben.

Decennatherium lebte im späten Miozän, vor etwa sieben bis fünf Millionen Jahren. Vom Körperbau her ähnelte es einem Okapi, war allerdings um einiges größer. Es hatte insgesamt vier Hornzapfen: zwei kleine, eher höckerartige über den Augen und zwei längere, die tatsächlich wie Hörner aussahen, am Kopfende.

Laut den Forschern könnte Decennatherium die älteste Spezies gewesen sein, die diese spezielle Hörner-Anordnung hatte. Sie stellen das Tier nahe an den Anfang einer Entwicklungslinie der Giraffenartigen, die es sehr lange gab. Zu ihr gehörte auch das Sivatherium, das – am Gewicht gemessen – der größte Wiederkäuer aller Zeiten gewesen sein könnte. Felszeichnungen in Indien und der Sahara deuten darauf hin, dass die letzten dieser mächtigen Tiere erst vor etwa 8.000 Jahren ausgestorben sind. (jdo, 4. 11. 2017)