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Die Cheops-Pyramide (links) war bis zum Hochmittelalter das höchste Gebäude der Erde. Bis heute steckt es voller Geheimnisse.
Foto: REUTERS/Mohamed Abd El Ghany

Nagoya/Kairo – Im Jahr 2015 haben Archäologen in der altägyptischen Cheops-Pyramide westlich von Kairo mit thermografischen Methoden eine Reihe von rätselhaften Anomalien festgestellt. Die damaligen Funde lösten eine Diskussion darüber aus, ob es in der 4.500 Jahre alten Pyramide noch unentdeckte Räume geben könnte. Weitere Scans im Vorjahr mit ermutigenden Ergebnissen befeuerten diese Spekulationen.

Nun könnte aus all diesen vagen Hinweisen Gewissheit geworden sein: Ein internationales Team um Kunihiro Morishima von der japanischen Universität Nagoya hat im Rahmen des "Scan Pyramids Project" mithilfe der sogenannten Myonenradiografie in dem einzigen noch erhaltenen Weltwunder der Antike einen rund 30 Meter langen Hohlraum entdeckt, der sich in der Nähe der Großen Galerie befinden soll.

Der Querschnitt durch die Cheopspyramide zeigt die ungefähre Lage der neu entdeckten Struktur oberhalb der Großen Galerie.
Illustr.: ScanPyramids mission

Genaue Lage unklar

Die heute 138 Meter hohe Pyramide enthält drei Hauptkammern und zahlreiche Gänge. Die Große Galerie ist eine der drei Kammern und stellt mit einer Länge von 46 Metern und einer Raumhöhe von über acht Metern die größte bekannte Struktur dar. Der nun gut zwei Meter unter der Außenwand der Pyramide festgestellte vierte größere Hohlraum liegt offenbar direkt darüber und weist ebenfalls eine Höhe von rund acht Metern auf. Die genaue Lage dieser Struktur– ob sie völlig waagrecht oder eher schräg verläuft – lässt sich vorerst nicht feststellen.

Das liegt vor allem an der Untersuchungsmethode, derer sich das Team um Morishima bedient hat. Die eingesetzten Myonen-Detektoren reagieren auf Partikel, die in der oberen Atmosphäre bei der Wechselwirkung mit kosmischer Strahlung entstehen. "Etwa 10.000 Myonen treffen pro Quadratmeter und Minute auf die Erdoberfläche", erklärt Morishima. Dabei durchdringen sie Gestein mehr oder weniger mühelos. Nur ein kleiner Prozentsatz von ihnen wird davon abgelenkt, doch diese geringe Menge reicht aus, um sie zur Durchleuchtung von massiven Bauwerken wie eben den Pyramiden von Gizeh zu nutzen.

Video: Das Scan Pyramids Project.
NPG Press

Drei unterschiedliche Methoden lassen wenig Zweifel

Die Wissenschafter setzten für ihre Scans drei verschiedene Myonen-Detektoren an unterschiedlichen Stellen ein. Die nun im Fachjournal "Nature" präsentierten Ergebnisse lassen daher nur wenig Zweifel an der tatsächlichen Existenz des Hohlraums. "Wir haben einen signifikanten Überschuss an Myonen in einer Region fast parallel zur Großen Galerie nachgewiesen", meinen Morishima und seine Kollegen. Die Werte sprechen demnach eindeutig dafür, dass dort etwas vorhanden ist. Von einer dezidierten "Kammer" wollen die Forscher allerdings ausdrücklich nicht sprechen.

Ob der Hohlraum unterteilt ist, also möglicherweise eine Serie von mehreren Räumen darstellt, oder doch eine einzige große Struktur bildet, lässt sich vorerst nicht aus den Messungen schließen. Genauso wenig geben die Daten Aufschluss über den Zweck des Hohlraums und ob sich in seinem Inneren noch Artefakte befinden.

Bei allem Enthusiasmus gibt es allerdings auch Kritiker – unter anderen den früheren Generalsekretär der Altertümerverwaltung, Zahi Hawass, der nun im Aufsichtsgremium des "Scan Pyramids Project" sitzt. Er wendet ein, dass der Eindruck eines Hohlraums auch durch einen Wechsel im Baumaterial entstehen könnte. Dem wiederum widersprechen Morishima und sein Team. (tberg, 2.11.2017)