Sarah Lewis wird im internationalen Skisportverband Fis geschätzt. Die 53-Jährige sieht sich als Koordinatorin. Als Frau und als Britin ist sie quasi doppelte Exotin.

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Oberhofen/Wien – Sarah Lewis gibt sich diplomatisch. "Für mich geht es um die beste Lösung für die Fis und nicht um den Titel." Seit dem Jahr 2000 ist Lewis, 53, Britin, Generalsekretärin des Internationalen Skiverbandes. Im kommenden Jahr wird wieder ein Präsident/eine Präsidentin gewählt. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird Lewis nicht kandidieren. Vielleicht irgendwann einmal. "Man kann nie etwas ausschließen", sagt sie. Aber das steht noch in den Sternen.

Es versteht sich fast von selbst, dass die Fis noch nie eine Präsidentin hatte. Gian Franco Kasper präsidiert seit 1998. Der 73-jährige Schweizer hat noch nicht entschieden, ob er erneut kandidieren wird, es ist aber wahrscheinlich. Eine Kandidatur gegen Kasper kommt für Lewis "nicht infrage".

Von den 35 internationalen Verbänden für olympische Sportarten hat nur ein einziger eine Präsidentin: die Schottin Kate Caithness steht dem Welt-Curling-Verband (WCF) vor. Dass nur wenige Frauen in Spitzenfunktionen internationaler Sportverbände zu finden sind, sei, sagt Lewis eine "Reflexion der Gesellschaft". Traditionell ist der Spitzensport männlich dominiert. Für Frauen sei es hier aber nicht schwieriger als in anderen Unternehmen.

Dem Curling steht eine Frau vor

Immerhin, der Wintersport steht vergleichsweise gut da. Neben der Curling-Präsidentin gibt es in drei von sieben einschlägigen Verbänden Generalsekretärinnen. In den Sommersportarten ist die Quote wesentlich schlechter. Lewis glaubt schon, dass Frauen in ihrem Job besser sein müssen, um hohe Positionen übernehmen zu dürfen.

Sie selbst begann in der Fis als Koordinatorin des Kontinentalcups. "Das war damals relativ exotisch." Davor war sie Alpin-Ski-Direktorin im britischen Verband. "Ich war immer in einer Position, in der eine Frau nicht üblich war." Exotisch ist Lewis in der Fis nicht nur als Frau. Großbritannien zählt nicht zu den Spitzennationen im Skisport. Lewis sieht ihre Herkunft aber eher als Vorteil. "Man ist von Haus aus neutral für den Skisport."

Lewis pendelt von Weltcup zu Weltcup

Die ehemalige Skiläuferin wird geschätzt in der Fis. Längst spricht sie perfekt Deutsch. Ihr Akzent tendiert fast mehr zum Schweizerischen als zum Englischen. Die Fis sitzt in Oberhofen im Kanton Bern. Dort ist sie im Winter viel seltener als im Sommer. Lewis ist jedes Wochenende bei einem Weltcup – sie wechselt zwischen den verschiedenen Sportarten. Außer Biathlon sind alle Skisportarten unter dem Dach der Fis vereinigt. Lewis deutet auf ihren Laptop. "Unabhängig, wo man ist, hat man auch die Administration dabei. Das muss parallel laufen."

Mikaela Shiffrin verdiente in der Vorsaison mehr an Preisgeldern als Marcel Hirscher. Im Alpinskisport sind die Mindestpreisgelder für Frauen und Männer gleich hoch.
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Die neuen Technologien machen auch ihren Job einfacher. Aber E-Mails, Telefonate oder Gespräche auf Fis-Kongressen reichen ihr nicht. "Ich bin absichtlich sehr präsent in den verschiedenen Ländern, um mich mit den Leuten zu unterhalten, um ihre Bedürfnisse, ihre Situation kennenzulernen." Lewis mag ihren Job, auch wenn er stressig ist. Es sei kein Nine-to-five-Job. "Es ist nicht nur eine Arbeit, es ist ein Lebensstil. Man muss mit Herz und Seele dabei sein." Lewis sieht sich als Koordinatorin.

Gleich hohe Mindestpreisgelder

Was die Gleichberechtigung zwischen Athleten und Athletinnen betrifft, sieht Lewis die Fis gut aufgestellt. Im Alpinskisport sind die Mindestpreisgelder gleich hoch. Einige Veranstalter zahlen freiwillig mehr. Die höchstdotierten Rennen sind freilich Männer-Rennen: jene in Kitzbühel.

Die Hahnenkamm-Rennen, der Slalom von Schladming, die Lauberhorn-Abfahrt in Wengen zählen zu den Klassikern im Ski-Weltcup. Bei den Damen fehlt es eher an den Klassikern. Lewis ist diesbezüglich bemüht. Für manche Veranstalter, sagt sie, sei der Damen-Weltcup genau das, was sie wollen. Weil es zum Image des Skigebietes und des Veranstalters passe. St. Moritz etwa sei sehr stark bei den Damen.

Sponsor ist Gleichberechtigung wichtig

Und dann gibt es da noch einen Sponsor, dem Gleichberechtigung wichtig ist. Für das Schweizer Unternehmen Longines sei einer der Hauptfaktoren, um in Sponsoring einzusteigen, dass der Sport von Frauen und Männern gleich viel betrieben werde und dass das Interesse von beiden Geschlechtern ähnlich sei. Ski alpin und Pferdesport sind die beiden Hauptsportarten des Unternehmens, das hier jeweils für die Zeitnehmung zuständig ist.

Bei allen Bemühungen in Sachen Gleichberechtigung – in der Fis ist die Zeit wohl noch nicht reif für eine Präsidentin. Aber vielleicht kommt die Zeit noch. Irgendwann. (Birgit Riezinger, 4.11. 2017))