Robert Greubel (li.) und Stephen Forsey haben sich mit Komplikationen einen Namen gemacht.

Foto: Greubel Forsey/patriceschreyer.com

Elf Jahre dauerte es, die Grande Sonnerie zu entwickeln.

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Die GMT Earth kann drei Zeitzonen gleichzeitig bis auf die Viertelstunde genau anzeigen.

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Das Différentiel d’Égalité hält eine konstante Energieversorgung, was die Gangleistung verbessert. Zum ersten Mal ist in eine springende Sekunde integriert.

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Die hohe Uhrmacherkunst, die Haute Horlogerie, kennt keine Grenzen! Mit diesem Spruch im Pflichtenheft traten die beiden Uhrmacher Stephen Forsey und Robert Greubel, ein Engländer und ein Elsässer, an, ihre Vision der mechanischen Uhr in die Tat umzusetzen. Vorbelastet durch ihre gemeinsame Arbeit bei Renaud & Papi, Hersteller anspruchsvoller Komplikationen, gründeten die Gleichgesinnten 2005 ihre eigene Firma, Greubel Forsey mit Sitz in La Chaux-de-Fonds.

Forsey, kantiges Gesicht, nie ohne Hosenträger, erzählt: "Robert und ich hatten von Anfang an den Eindruck, dass es in der Uhrmacherei Dinge gibt, die man weitaus besser machen könnte. Wir wollten nicht akzeptieren, dass alles schon erfunden war." Seither sorgen sie mit ihren vielfach preisgekrönten Kreationen Jahr für Jahr für Aufsehen in der Fachwelt und für Entzücken bei Sammlern. Die kaufen ihnen ihre Kreationen vom Tisch weg ab. Bei rund hundert Stück pro Jahr übersteigt die Nachfrage längst das Angebot.

Echter Perfektionismus

Voraussetzung ist das nötige Kleingeld. So kostet die Grande Sonnerie, eine Schlagwerkuhr, die die Stunden und Viertelstunden auf verschiedenen Tonfedern schlägt, weit über eine Million Euro. In ihr stecken 935 Bauteile – und ganze elf Jahre Entwicklungsarbeit. Elf Jahre ... das deutet auf echten Perfektionismus hin.

Ein Greubel-Forsey-Zeitmesser werde zusammengebaut, getestet, wieder zerlegt, geändert, zusammengebaut, wieder getestet. Jedes Teil wandert durch menschliche Hände. Schnell gehe bei diesem beinharten Qualitätsstreben nichts. "Mit unseren hohen Ansprüchen ist es uns nicht möglich, eine große Stückzahl zu produzieren", hält Forsey, Jahrgang 1967, fest. "Bei der Grande Sonnerie strebten wir nach absoluter Harmonie zwischen dem Uhrwerk, dem Äußeren und der Akustik. Da galt es so manche Geduldsprobe durchzustehen."

Ohne Tamtam

Einen großen Markenauftritt sucht man vergeblich: keine Testimonials, keine Anzeigen. Die Produkte sollen für sich sprechen. Die Zielgruppe ist klar: passionierte Sammler, die rasch einen persönlichen Zugang zu den Uhrmachern finden. "Wir sind in vielerlei Hinsicht kein Teil der Uhrenindustrie", sagt Forsey. Die Sammler, erzählt er, investierten in die Arbeit der Marke, sie ermöglichten ihnen, die nötige Forschungsarbeit voranzutreiben.

20 Kaliber sind im Backkatalog mittlerweile angeführt, allesamt Eigenentwicklungen, die in einem Atelier in La Chaux-de-Fonds, in einem umgebauten Bauernhof, entstehen. Man setzt auf Handarbeit und Hightech. Ohne die technischen Möglichkeiten, die sie heute hätten, würde es viele ihrer Kreationen gar nicht geben – und ohne engagierte Mitarbeiter, hundert sind es -, wie er festhält: "Wenn eine Idee – und sei sie noch so verrückt – in unseren Köpfen reift, tun die Uhrmacher und Ingenieure, die für die Konzeption der Zeitmesser verantwortlich sind, alles dafür, dass die Idee keine flüchtige Intuition bleibt, sondern zu einer konkreten Entwicklung heranwächst."

Perfekte Diskretion

Am Ende steht eine fertige Entwicklung, die im besten Falle in einem Uhrwerk Verwendung findet. "Wenn nicht, haben wir eine Reihe von Daten generiert, die vielleicht später Verwendung finden", beschreibt Forsey diesen Prozess. "Verloren geht im Forschungslabor, das wir EWT (Experimental Watch Technology) Laboratory nennen, nichts."

In La Chaux-de-Fonds befindet sich auch CompliTime. Ein Dienstleistungsunternehmen, das die beiden 2001 gründeten und das Bauteile – Tourbillons, ewige Kalender, Chronografen –, aber auch ganze Werke für Auftraggeber entwickelt und produziert. In kleiner Stückzahl und mit dem Versprechen perfekter Diskretion. Erfindergeist und geschäftstüchtiger Pragmatismus schließen einander eben nicht aus. (Markus Böhm, RONDO Exklusiv, 19.1.2018)