Brüssel – Im Streit um die Justizreform in Polen sieht die EU-Kommission im Moment keine Möglichkeit zu einem Dialog. "Die Kommission will weiterhin einen echten, konstruktiven Dialog führen. Wir bedauern wirklich sehr, dass wir diesen Dialog im Moment nicht führen können", sagte der EU-Kommissionsvize Frans Timmermans am Montag im EU-Parlament in Brüssel.

Timmermans bekräftigte, die Eingriffe der polnischen Regierung ins Justizsystem stellten eine "systemische Bedrohung" dar. Das Justizministerium hätte Einfluss auf einzelne Richter durch Verlängerung ihres Mandats. Dies untergrabe die Unabhängigkeit der Justiz und widerspreche auch EU-Recht, sagte Timmermans. Die EU-Kommission überlege derzeit die nächsten Schritte in dem Verfahren.

Karas: "Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel"

Der EU-Kommissionsvize beurteilte auch Entwürfe für Änderungen der Gesetze kritisch. So wären Richter der Gnade des Staatspräsidenten ausgeliefert, wenn ihr Pensionsalter gesenkt würde. Eine objektive Prüfung wäre dann nicht möglich, sagte Timmermans. Polen müsse sicherstellen, dass die Anliegen der EU und der Venedig-Kommission des Europarates gebührend berücksichtigt werden.

Der ÖVP-Delegationsleiter Othmar Karas warnte: "Wenn Europa die Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedstaaten nicht durchsetzt, steht unsere Glaubwürdigkeit auf dem Spiel. Wenn es um Grundrechte geht, dann ist das keine Einmischung in innerstaatliche Angelegenheiten, sondern die Verantwortung aller." (APA, 6.11.2017)