Wiederholt fuhr der seit über einer Woche wegen Mordes gesuchte Mann mit diesem Kleinbus und mit einem Traktor samt Nazi-Gruß durch Graz. Die Polizei reagierte nach Meinung eines Richters falsch.

Foto: Privat

Stiwoll/Graz – Die Suche nach dem mutmaßlichen Mörder Friedrich F. ging am Montag nicht nur weiter, sie wurde unmittelbar in der und um die Gemeinde Stiwoll sogar wieder intensiviert. Wie die Polizei bekanntgab, wurde nämlich am Wochenende im Gemeindegebiet von Stiwoll ein verdächtiger Einbruch gemeldet. Polizeisprecher Jürgen Haas sagte dem STANDARD, dass in einem landwirtschaftlichen Anwesen ein Raum aufgebrochen wurde, in dem eine Tiefkühltruhe steht.

Von Rückkehr in den Alltag kann in Stiwoll noch nicht die Rede sein.
(ORF-Sendung "Steiermark heute" von Montagabend)
ORF

Zugang zu Lebensmitteln

Darin wurden Gemüse und andere Lebensmittel aufbewahrt. Die Besitzerin glaubt, dass Lebensmittel fehlen. "Welche, kann sie nicht genau sagen", so Haas. Die Polizei hält es für möglich, dass F. der Einbrecher war. Die Polizeipräsenz vor Ort bleibt daher weiter massiv. Man hofft auf DNA-Spuren.

Kindergarten und Schule wurden am Montag in Stiwoll wieder geöffnet, doch die Stimmung im Ort bleibt angespannt. In Thal bei Graz, wo Zeugen den Flüchtigen vor wenigen Tagen gesehen haben wollen, hat man die Polizeipräsenz wieder zurückgefahren.

In Gerichtskreisen wird nun auch punktuell Kritik am Verhalten der Polizei im Zusammenhang mit dem schon lange amtsbekannten Mann laut. F. war jahrelang immer wieder mit einem "Heil Hitler"-Transparent auf seinem Kleinbus unterwegs. Auch auf einem Traktor, den er gezielt vor der Grazer Burg, dem Sitz der steirischen Landesregierung, geparkt hatte, prangte der nationalsozialistische Gruß.

Seitens der Staatsanwaltschaft hieß es dazu, der Mann habe damals "glaubhaft versichern können, dass sich die Plakate und die Gestaltung seiner Homepage auf Missstände in der Justiz beziehen, dass er damit darauf aufmerksam machen und dass er sie mit den Methoden des NS-Regimes vergleichen wollte, weshalb ihm ein Wiederbetätigungsvorsatz im Sinne einer NS-Propaganda nicht nachweisbar war".

Ein Richter, der aufgrund der aktuellen Bedrohung von Justizangehörigen durch F. anonym bleiben will, sieht das anders: Es könne sicher nicht sein, dass jetzt jeder, der "glaubhaft versichert, das NS-Regime nicht verherrlichen zu wollen, mit Heil-Hitler- oder Hakenkreuzfahnen durch die Gegend fahren darf".

Kritik eines Richters

Vielmehr hätte man hier neben dem NS-Verbotsgesetz auch das Verwaltungsstrafgesetz (VStG) anwenden können, so der Richter. "Es ist sogar für genau solche Fälle da, damit die Polizei sofort einschreiten kann", betont der Richter. Laut Paragraf 35 im VStG kann die Polizei jemanden, der "trotz Abmahnung in der Fortsetzung der strafbaren Handlung verharrt oder sie zu wiederholen sucht", festnehmen.

Ein weiterer Ansatzpunkt wäre der Artikel 3, Absatz 1, Ziffer 4 im Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen (EGVG) zur Verbreitung von "nationalsozialistischem Gedankengut im Sinne des Verbotsgesetzes" gewesen. Auch das Argument, dass der flüchtige Imker später von einem Gutachter für zurechnungsunfähig erklärt wurde, ändere nichts: "Dann hätte man ihn umso schneller aus dem Verkehr ziehen müssen und nicht einfach weiterfahren lassen dürfen", sagt der Richter. (cms, 6.11.2017)