Die Ablehnung des Atomkraftwerks Zwentendorf gilt als Geburtsstunde der österreichischen Umweltbewegung.

Foto: Technisches Museum

Wien – Die Geschichte des österreichischen Stromnetzes ist untrennbar mit zwei durch breite Protestbewegungen verhinderten Kraftwerkprojekten verbunden: dem Atomkraftwerk Zwentendorf und dem Flusskraftwerk Hainburg. Beiden Projekten räumt das Technische Museum Wien (TMW) in seiner neuen Dauerausstellung "On/Off" über das heimische Stromnetz daher breiten Raum ein.

Geschichte einer Protestbewegung

Am 7. Mai 1984 schlüpften Politiker, Künstler und Journalisten in der legendären "Pressekonferenz der Tiere" in Tierkostüme, um gegen die Zerstörung der Stopfenreuter Au durch das geplante Kraftwerk Hainburg zu protestieren. Die Original-Kostüme hat Gerhard Heilingbrunner dem TMW zur Verfügung gestellt, in einer Vitrine ist dieses österreichische Kulturgut nun im Museum angelangt und "Schwarzstorch", "Auhirsch" und "Eisvogel" erzählen als zentrale Symbole gesellschaftspolitischen Engagements von dieser Geburtsstunde der Umweltbewegung in Österreich.

"Wir wollen damit keinesfalls sagen, dass Wasserkraft schlecht ist, es ging damals ja primär um den Standort des Kraftwerks", sagt Ausstellungskurator und TMW-Bereichsleiter "Energie", Bernhard Schmidt. Vielmehr versuche die Schau "so neutral wie möglich zu sein" und nicht nur Technologie, sondern auch gesellschaftspolitische Zusammenhänge zu erklären.

Ein großer Bereich der Schau widmet sich dem Thema Kernkraft, auch wenn mit der Ablehnung von Zwentendorf bei der Volksabstimmung von 1978 das Thema Atomkraftwerke in Österreich zu den Akten gelegt werden konnte. Die mögliche Zukunft – die Kernfusion – wird dabei nur gestreift, Unfällen wie Fukushima, dem Problem der Endlagerung und der Geschichte des Kernkraftwerks Zwentendorf dafür breiterer Raum gegeben – bis hin zur gelben Dienstunterwäsche der dortigen Arbeiter.

Interaktive Ausstellung

Auf rund 500 Quadratmetern widmet sich die Schau ab 9. November dem österreichischen Stromnetz und seiner Zukunft sowie dem komplexen Zusammenspiel von Erzeugung, Verteilung, Speicherung und Verbrauch. Mit zahlreichen interaktiven und teilweise neuen Ausstellungsobjekten werden in neun Kapiteln verschiedene Aspekte des Themas beleuchtet. So kann man das Modell einer Kaplan-Turbine in Aktion sehen und original Schaufelteile dieser für die heimische Stromerzeugung so wichtigen Technologie angreifen.

"Die Energiewende, also der gezielte Umstieg auf erneuerbare Energien, wird uns alle in den nächsten Jahren beschäftigen", ist sich TMW-Generaldirektorin Gabriele Zuna-Kratky sicher. Daher liegt ein Schwerpunkt der Schau auf diesem Thema. Die Besucher können etwa in einem kleinen Windkanal die Effizienz unterschiedlicher Windräder erproben. Weil die Frage der Speicherung von Strom noch immer nicht befriedigend gelöst ist, finden sich verschiedene Lösungskonzepte in einer "Black Box", vom klassischen Pumpspeicher bis zu Druckluftspeicher, Superkondensatoren oder Lageenergiespeicher, wo im Modell ein ganzes Fußballstadium in die Höhe gehoben wird.

Von den verschiedenen Themeninseln fließt der etwa mit Wind-, Sonnen- oder Wasserkraft erzeugte Strom – an der Decke mit Leuchtröhren symbolisiert – in eine Ringleitung, die die österreichische Realität mit der nahezu geschlossenen 380-kV-Leitung widerspiegelt. Von einer zentralen Steuerungsanlage können Besucher in einem Computerspiel versuchen, den diffizilen Ausgleich von Angebot und Nachfrage zu steuern und dadurch einen Blackout zu vermeiden. (APA, red, 7. 11. 2017)