Wenn die Online-Bestellungen eintrudeln, aber Platz und Zeit für Lagerhaltung und Versand fehlen, springen Fulfillment-Anbieter ein, um das Packerl möglichst schnell auf die Reise zu schicken.

Foto: Byrd Technologies

Wien – Der Onlinehandel wächst und wächst. Dabei profitieren besonders die großen Player am Markt. Die 100 umsatzstärksten Onlineshops haben 2016 in Österreich etwa 2,1 Mrd. Euro Umsatz erwirtschaftet, ergibt eine Studie des deutschen EHI-Retail-Instituts und des Statistik-Portals Statista in Kooperation mit dem Handelsverband. Das entspricht einem Zuwachs von neun Prozent. Ein Viertel davon entfällt auf den Internetkonzern Amazon.

Für kleine Anbieter, die aus dem stationären Handel kommen, ist es da nicht einfach mitzuhalten. Ein Webshop ist zwar schnell aufgesetzt. Um die Waren aber tatsächlich schnell und günstig zum Empfänger zu bringen, braucht es genug Platz, Arbeitskräfte und eine ausgefeilte Organisation.

Fulfillment-Anbieter

Ein Trend geht dahin, die Auftragsabwicklung auszulagern. Sogenannte Fulfillment-Anbieter übernehmen Lagerung, Kommissionierung, Transport und Retouren. In Wien tritt etwa das Start-up Byrd Technologies als Anbieter logistischer Services für Webshop-Betreiber und stationären Handel an.

Das Unternehmen holt Produkte ab, verpackt sie nach den Vorstellungen des Kunden, versendet sie und betreibt ein Lager im neunten Wiener Gemeindebezirk. Kürzlich wurde das Unternehmen vom internationalen Fachblatt Verkehr zum "Logistik-Start-up 2017" gekürt.

Obwohl das Unternehmen erst 2016 gegründet wurde und gerade einmal 15 Monate auf dem Buckel hat, hat es bereits einen Wandel in puncto Angebot und Zielgruppe sowie eine Expansion nach Deutschland hinter sich. Angefangen hat alles mit einer Idee von Alexander Leichter, dem heutigen Geschäftsführer. Als erfahrener Verkäufer auf Marktplätzen wie Ebay wollte er einen Serviceanbieter gründen, der das Verpacken und die Wege zur Post für seine Kunden erledigt.

Er konnte Christoph Krofitsch, der einen technischen Hintergrund hat, für die Idee begeistern. Das Ziel: eine Smartphone-App zu bauen, mit der man den zu versendenden Gegenstand einfach abfotografiert, damit er daraufhin abgeholt, verpackt und auf dem günstigsten Weg verschickt wird – eine Lösung für ein "First-Mile-Problem".

Investorenrunde

Die Entstehungsgeschichte erzählt Petra Dobrocka, die wie Sebastian Mach noch zum Gründungsteam von Byrd dazustieß. Der Prototyp einer App war schnell entwickelt. Bei Investoren fand die Idee Anklang. Ein TV-Auftritt in der Start-up-Show "Zwei Minuten, zwei Millionen" auf Puls 4 und eine Finanzierungsrunde mit namhaften österreichischen Risikogeldgebern brachten das Unternehmen schnell auf Kurs.

Doch es blieb nicht bei der App für Endverbraucher. "Die Idee hat sich mit der Zeit stark verändert", betont Dobrocka. Neben der App etablierte man eine Weblösung für Geschäftskunden, die an gebräuchliche Webshop-Systeme andockt. Daten von Bestellungen werden damit automatisch an Byrd weitergegeben, damit diese abgeholt und verschickt werden können.

Byrd arbeitet beim Versand mit allen gängigen Paketlogistikern zusammen. Das System wählte für jeden individuellen Versandauftrag automatisch den günstigsten Anbieter aus, erklärt die Gründerin. "Durch Amazon sehen wir massiven Druck in Richtung schnellen Versands. Das ist das größte Thema."

Zusätzlich wurden Räumlichkeiten angeschafft, um Kunden, mit regelmäßigem Versand eine eigene Lagerhaltung anbieten zu können und die Abläufe zu beschleunigen. Die Lösung soll nicht nur Webshop-Betreiber ansprechen, die ohnehin ein Lager anmieten müssten, sondern auch den stationären Handel, der damit Platzproblemen oder doppelter Inventarführung aus dem Weg gehen kann. Der Lagerstand könne jederzeit in Echtzeit abgefragt werden. "Wir versuchen alles so gut wie möglich zu digitalisieren", sagt Dobrocka. "Bei uns werden keine Exceldateien hin- und hergeschickt."

Sprung nach Berlin

Zu Beginn des laufenden Jahres wagten die Gründer zudem den Sprung nach Berlin, wo sie eine ähnliche Infrastruktur aufbauten und seit April operativ tätig sind. Die ursprüngliche App und das Privatkundengeschäft wurden Mitte des Jahres aber aufgegeben. "Die Nachfrage im Geschäftskundenbereich ist viel intensiver, und es wurde immer schwieriger, zwei unabhängige Systeme aufrechtzuerhalten", erklärt Dobrocka dazu. Eine langfristige Beziehung zu Geschäftskunden ist vorteilhafter als Privatkunden, die nur hin und wieder versenden.

Die Gründerin gibt an, dass bei Byrd im Moment etwa 800 Geschäftskunden registriert sind. "Manche versenden täglich, manche nur nach Anfrage." Die Arbeitskraft von insgesamt 18 Vollzeitäquivalenten verteilt sich gleichmäßig auf Wien und Berlin. Um das weitere Wachstum zu gewährleisten, stehe wieder eine Investorenrunde an. Mittelfristig soll Byrd noch in anderen Städten Fuß fassen. Dobrocka: "In Deutschland ist E-Commerce ein paar Jahre voraus. Die Anzahl an Webshops ist deutlich höher." (Alois Pumhösel, 8.11.2017)