Falsche und nicht vorhandene Landungssicherung kostet in Österreich Spediteuren, Transportunternehmen und der verladenden Wirtschaft pro Jahr Millionen Euro.

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Wien – Die Ladungssicherung als Nebensächlichkeit zu betrachten kann fatale Folgen haben. Das zeigen zahlreiche Beispiele. Absender der Waren, Spediteure, Transportunternehmen (Frächter) und Lkw-Lenker müssen genau Bescheid wissen, ob für eine ordnungsgemäße Ladungssicherung das Fahrzeug geeignet und die Transportverpackung stabil ist.

Die EU-Richtlinie 47/2014 über die "technische Unterwegskontrolle" von Fahrzeugen nennt die genauen Standards im Anhang III als Beitrag, um die Verkehrssicherheit in Europa zu erhöhen.

Für einheitliche Schwerverkehrskontrollen sollten die EU-Länder die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in nationales Recht übernehmen und ab Mai 2018 praktisch anwenden. Das passierte in Österreich bereits im Juli 2017: Alle an der Transportkette beteiligten Akteure sind für die optimale Sicherung der Ladung verantwortlich, betont der Innsbrucker Rechtsanwalt Bernhard Haid, ein Fachjurist, der mit dieser Materie vertraut ist.

In der Praxis heißt das: Der Absender der Fracht (Handels- oder Industrieunternehmen), der Transportunternehmer und der Lkw-Lenker müssen für die sichere Verstauung der Ladung auf dem Lkw geradestehen. Die gesetzlichen Regeln besagen: Der Lkw-Lenker ist für die Betriebssicherheit des Lkws verantwortlich, der Frächter haftet für ein einwandfreies Fahrzeug und die richtige Ladungssicherung, und der Absender der Fracht oder Anordnungsbefugte, wie es im Juristendeutsch heißt, ist ebenso haftbar.

Erfüllungsgehilfe des Absenders

Dennoch gibt es laut Haid aktuell in Österreich keine gesetzliche Regelung für die Verladung. Wenn der Lkw-Lenker bei der Verladung mit dabei ist, wird er rechtlich als Erfüllungsgehilfe des Absenders gesehen. Eine derartige Zuordnung hat im Worst-Case-Szenario weitreichende Folgen für den Absender der Waren, wie ein richtungsweisendes Urteil des Obersten Gerichtshofs unter der Aktenzahl OGH 7 Ob 105/16s zeigt.

Dieses Urteil erging an das österreichische Transportunternehmen Petschl Transporte. Ein Urteil, das Petschl-Geschäftsführer Christian Spendel jüngst bei einem Symposium in Wien detailliert erklärte und das besonders für die heimische Transportbranche von großer Aktualität ist, weil es klare Aussagen trifft über die Verantwortung bei der Ladungssicherung.

Was ist passiert? Petschl sollte für einen Kunden mit einem Lkw einen Transformator transportieren. Der Absender bestand auf einer stehenden Verladung des Frachtguts auf dem Lkw, was in diesem Fall unzureichend war und letztlich zu einem Unfall führte: In einer Straßenkurve fiel besagter Transformator vom Lkw, glücklicherweise ohne dass Dritte dabei zu Schaden kamen.

Beim Lkw entstand Totalschaden, Petschl forderte Schadenersatz für das beschädigte Fahrzeug, den der Absender aber ablehnte mit den Hinweis "dass wir jegliche Haftung als unbegründet zurückweisen. Für sämtliche Schäden am Transportgut sowie auch für alle daraus resultierenden Folgeschäden werden Sie als Frachtführer haftbar gemacht."

Langwieriger Rechtsstreit

Das wollte das Transportunternehmen so nicht hinnehmen und ließ sich auf einen langwierigen Rechtsstreit ein, der zu dessen Gunsten ausging. Das Landesgericht und das Oberlandesgericht bejahten die Haftung des Absenders nur zu 50 Prozent. Weil der Lkw-Fahrer in kraftfahrrechtlicher Hinsicht die objektive Sorgfaltsverletzung zu verantworten habe, die Fahrt mit ungenügend gesicherter Ladung angetreten zu haben, aber er ein Schutzgesetz gem. § 102 Abs. 1 KFG verletzt habe.

Petschl gab sich damit nicht zufrieden, und die Causa ging an den Obersten Gerichtshof (OGH) und mündete im Urteil unter der genannten Aktenzahl. Der OGH teilte nicht die Rechtsansicht der vorgelagerten Gerichte, sondern begründete seine Entscheidung vielmehr so: "Im Frachtverhältnis richtet ich die Haftung für Verladung und Verstauung nach dem Vertragsverhältnis und der CMR und damit nach der vereinbarten Pflichtenfestlegung und Risikoverteilung."

Das darauf folgende Fazit: Eine Verletzung der Überprüfungspflicht des Lkw-Fahrers des Transportunternehmens steht nicht im Rechtswidrigkeitszusammenhang mit dem Beförderungsvertrag, der die Verladung des Absenders überantwortet. Sie kann im Rahmen des Frachtverhältnisses daher dem Frachtführer auch nicht als Sorgfaltsverstoß zugerechnet werden.

Richtungsweisendes Urteil

Das Urteil des OGH: "Eine Verletzung von Überprüfungspflichten nach straßenpolizeilichen/kraftfahrrechtlichen Vorschriften durch den Lkw-Fahrer des Frachtführers steht nicht im Risikozusammenhang mit einem Beförderungsvertrag, der das Verladen und die Verstauung dem Absender überantwortet."

Für Spendel ist dieses OGH-Urteil richtungsweisend und bedeutet in der Praxis, dass immer – wenn nicht zwischen Absender und Transportunternehmen die Verantwortlichkeit für die Ladungssicherung klar vertraglich und schriftlich geregelt ist – der Absender für die richtige Verladung des Ladeguts verantwortlich ist.

Im Fall Petschl war der Lkw-Fahrer im Rahmen der Verladung nicht für seinen Arbeitgeber, nämlich Petschl tätig, sondern als Erfüllungsgehilfe des Absenders. Warenabsender, Transportunternehmen und Lkw-Lenker sind für die richtige Ladungssicherung "nebeneinander" verantwortlich. Dabei ist zu unterscheiden zwischen strafgerichtlicher Haftung, zivilrechtlicher Haftung und verwaltungsstrafrechtlicher Haftung.

Die drei Beteiligen können durch privatrechtliche Vereinbarungen die Haftung nur im zivilrechtlichen Bereich verschieben, nicht aber in beiden anderen Bereichen, erklärt Stefan Ebner, stellvertretender Geschäftsführer der Bundessparte Transport und Verkehr in der Wirtschaftskammer Österreich.

Wenn eine private Vereinbarung getroffen wird, dass die Verladung in den Verantwortungsbereich des Transportunternehmens fällt, haftet das Transportunternehmen auch für alle Schäden aus einer mangelhaften Ladungssicherung, gibt Ebner zu bedenken. Selbst wenn ein Mitarbeiter des Absenders bei der Verladung mitgeholfen hat. (Markus Trostmann, 8.11.2017)