Der ehemalige Dritte Nationalratspräsident Martin Graf (FPÖ) am Festkommers der Burschenschaften 2009.

Foto: APA/Parigger

Es sind Sternstunden für die Burschenschaft Olympia. Mit Harald Stefan und Norbert Nemeth sind derzeit gleich zwei Mitglieder der schlagenden Burschenschaft an den schwarz-blauen Koalitionsverhandlungen beteiligt. Und mit dem ehemaligen Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf zieht am 9. November ein Olympe für die Freiheitlichen erneut in das Parlament ein – neben dem Wiener Notar Stefan, der als Justizminister gehandelt wird und enger Freund von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ist.

Die "Alten Herren" der Olympia stehen kurz davor, ein Teil des politischen Mainstreams zu werden, obwohl die Burschenschaft mit ihrer Gesinnung nicht gerade hinter dem Berg hält. So stellt sie ihren Deutschnationalismus öffentlich zur Schau, indem sie seit Jahrzehnten auf dem Vereinshaus in der Wiener Gumpendorfer Straße eine schwarz-rot-goldene Fahne hisst.

Politikwissenschafterin Judith Goetz erklärt, was deutschnationale Mädelschaften als Äquivalent zu Burschenschaften auszeichnet.
DER STANDARD

In seinem Buch "Stille Machtergreifung" schreibt Hans-Henning Scharsach, "keine der österreichischen Burschenschaften trägt ihre Verwurzelung in den Traditionen des Nationalsozialismus so offen zur Schau wie die Wiener Olympia, der einige der einflussreichsten FPÖ-Politiker angehören". Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) stuft die Olympia als rechtsextrem ein. "Zudem weisen wir seit über 20 Jahren auf ihre Verstrickungen mit dem organisierten Neonazismus hin", sagt Andreas Peham vom DÖW zum STANDARD.

Verbindungen zu Identitären

Außerhalb des Parlaments sind junge Olympen ebenfalls politisch aktiv. So hat der 26-jährige Alexander Markovics die Identitäre Bewegung in Österreich im Jahr 2012 mitbegründet und war einige Jahre als deren erster Obmann aktiv. Unter seiner Leitung wurde die Gruppierung erstmals im Verfassungsschutzbericht des Innenministeriums erwähnt. In der Ausgabe des Jahres 2014 ist über die Identitären zu lesen, dass in ihren Reihen "Personen aus dem studentisch burschenschaftlichen Bereich wie auch amtsbekannte Neonazis" zu finden sind. In der aktuellen Ausgabe des Berichts ist den Rechtsextremisten mittlerweile ein eigenes Kapitel gewidmet.

Trat Markovics noch im vergangenen Jahr als Redner bei Kundgebungen der Identitären auf, geht er seit einigen Monaten neue Wege. Er sei "patriotischer Journalist", schreibt er in seinem Blog. Dort erteilt er auch Ratschläge an die "jüdischen Interessenvertretungen in Europa". Diese sollten erkennen, dass "sie sich mit den ständigen Angriffen auf die europäischen Völker und die Aufrechterhaltung der Politik der Schuld selbst ins Knie schießen".

Der Sitz der Burschenschaft Olympia in der Gumpendorfer Straße in Wien.
Foto: Standard/Corn

Anlass für den Blogbeitrag war ein Interview des Vorsitzenden der Israelitischen Kultusgemeinde, Oskar Deutsch, in der Tageszeitung "Kurier". Deutsch beobachtet wachsenden Judenhass in Europa und schlägt vor, dass Flüchtlinge das oberösterreichische Konzentrationslager Mauthausen besuchen sollten, "um zu sehen, wohin Antisemitismus führt". Markovics' Lesart: Deutsch wolle Flüchtlinge in die KZ-Gedenkstätte schicken, "damit auch sie sich auch für den Holocaust schuldig fühlen und die negative Identität der Österreicher und Europäer übernehmen". Und für den Olympen hat diese "negative Identität" dazu "geführt, dass unsere Gesellschaft gar nicht mehr dazu in der Lage ist, geschlossen Widerstand gegen die Islamisierung zu leisten und ihre jüdische Minderheit zu schützen".

Für den DÖW-Experten Peham vereint der Text von Markovics "zahlreiche antisemitische Stereotype". So wirft Markovics Deutsch vor, er trage "zur Auflösung des Zusammenhaltes in der österreichischen Gesellschaft bei". Für Peham ein Vorwurf an Juden, der "so alt wie der Antisemitismus" ist. Gleiches gelte für den Gegensatz zwischen den Juden und den "europäischen Völkern", wobei Letztere zu den Opfern Ersterer gemacht werden. Neben den Blogeinträgen findet Markovics auch noch Zeit, für den Ring Freiheitlicher Studenten Wien (RFS) tätig zu sein.

Gedenken an "Urgroßväter"

Die Freiheitlichen Studenten werden in der Bundeshauptstadt von Markus Ripfl, ebenfalls ein Mitglied der Olympia, geleitet. Der 1994 geborene Student sorgte dieses Jahr für scharfe Kritik, als er ausgerechnet am 8. Mai, dem Tag der Kapitulation von Nazideutschland, auf Facebook postete, dass er nicht "die Besatzer" feiere, "sondern an die Großväter und Urgroßväter unserer Generation" denke, "die ihr Leben im Kampf für ihr Land ließen".

Unvergessen bleibt für ihn "auch eines der größten Verbrechen, welches einem Volk angetan wurde, nämlich die Vertreibung der Deutschen". Die Studentenvereinigung Jüdische österreichische HochschülerInnen (JöH) bezeichnete dieses Posting als "braunen Rülpser", der "an Verharmlosung des Holocausts grenzt".

Aber auch ältere Mitglieder des "Lebensbundes Olympia" sorgten in den letzten Jahren für Schlagzeilen. So gab es in dessen Reihen in den letzten Jahren immer wieder Kritik am NS-Verbotsgesetz. "Es muss in einer demokratischen Welt zulässig sein, ein Gesetz, das die Meinungsfreiheit und die politische Tätigkeit einschränkt, zu kritisieren", erklärte Martin Graf in einem Interview im Jahr 2000.

Haftstrafe für Holocaust-Leugner

Auch lud die Olympia zu Veranstaltungen, bei denen bekannte Rechtsextremisten und Neonazis aus dem Ausland als Teilnehmer angekündigt wurden. Auch soll die Olympia den britischen Holocaust-Leugner David Irving Ende 2005 zu einem Fest als Redner eingeladen haben – was Graf gegenüber der Austria Presse Agentur 2008 allerdings bestritt.

Fest steht, dass Irving am Vorabend der Veranstaltung in Österreich verhaftet wurde. Gegen ihn lag ein Haftbefehl wegen NS-Wiederbetätigung vor, der 2006 auch zu einer Haftstrafe führte. Einschlägige rechte Webseiten kündigten zuvor einen Auftritt Irvings bei der Olympia an. Nach dreizehn Monaten wurde Irving aus der Haft entlassen, er wohnt mittlerweile in Florida.

Die Burschenschaft führte auf ihrer Homepage Norbert Burger, den Gründer der verbotenen neonazistischen Nationaldemokratischen Partei (NDP), als "hervorragenden Olympen".

Kontakte zu Burger hatte auch Strache, er war mit dessen Tochter liiert gewesen. Strache selbst ist Mitglied der Vandalia Wien, in der, wie in Mittelschulburschenschaften üblich, Zweikämpfe nur mit stumpfer Klinge ausgefochten werden.

In den Reihen der künftigen FPÖ-Riege im Parlament sind laut DÖW insgesamt 16 Burschenschafter vertreten. Und mit Anneliese Kitzmüller, die ebenfalls im Team der Koalitionsverhandler sitzt, eine Vertreterin der stramm-rechten Mädelschaften "Iduna zu Linz" und "Sigrid zu Wien". Im Gespräch mit dem STANDARD (siehe Video) erklärt die Politikwissenschafterin Judith Goetz, was diese Mädelschaften auszeichnet. (Markus Sulzbacher, 8.11.2017)