Ein junger Mensch, Österreicher, Erstwähler und politisch engagiert, der zum Studium nach Irland gezogen ist und sich in Dublin eigens eine Wahlkarte besorgt hat, um mit seiner Stimme über die Zukunft Österreichs mitbestimmen zu können, war über Allerheiligen (am Trinity College: Lernferien) in seiner Heimat und sagte mir, er sei "fassungslos" und fühle sich "in den ... (Upps! Selbstzensur, Nomen mit fünf Buchstaben, Perfektpartizip mit sieben)".

Er habe sein Kreuz als konstruktiven Protest gegen die degenerierten Etablierten gesetzt, gegen die politischen Skandale, gegen politische Inkompetenz und gegen die in Klarsichtfolie eingeschweißten Wachsfigurpolitiker aller Parteien mit implantiertem Tonband und die aalglatten Nichtstu-Mitlauf-Abkassierer. Was vor über vier Jahren zu nächtlicher Stunde auf der Terrasse eines Alphotels in Alpbach beim Stehempfang, dem inoffiziellen Nachgeplänkel eines Europäischen Forums für Zukunftsfragen, an Schnapsideen geschehen oder nicht geschehen sei, sei kein Kriterium für sein Votum gewesen.

Noch widerlicher und ekelhafter als sexuelle Belästigung empfinde er politische Intrige, für die ja kennzeichnend sei, dass ihr skrupelloser, aber feiger Urheber selbstzufrieden im Dunkeln bleibt. Er fühle sich verbittert, verhöhnt, ohnmächtig und als Homo politicus erniedrigt, verspottet und gedemütigt. Er betrachte die Öffentlichkeit als einen Ort, den man wegen Erstickungsgefahr meiden muss, und die Politik nicht mehr als die Sache vieler und die sinnvolle Gestaltung des öffentlichen Lebens, sondern als chinesische Raffinessen der Selbstzerfleischung der Herrscherkaste mit ohnmächtiger Duldung der untergebenen Masse, die mitansehen muss, wie ihre Zukunft nachhaltig zerstört wird. Da gehe er lieber zurück nach Dublin in die Temple Bar und vergnüge sich mit dem anderen Geschlecht ...

Und wäre ich nicht so alt, machtlos und korrekt, hätte ich dem jungen Menschen spontan geantwortet: #MeToo! So aber machte ich den jungen Menschen auf die dramatischen Gefahren der Politikverdrossenheit und Demokratiemüdigkeit aufmerksam, und er entgegnete mir, da müsse ich mir keine Gedanken machen: Er werde auch beim nächsten Mal zur Wahl gehen, und er versteht es als durchaus politisches Manifest, dass er "seinen Stimmzettel dann nicht in den Schlitz der Urne stecken, sondern beim Klo hinunterspülen" wird. (Egyd Gstättner, 7.11.2017)