Künstlerische Darstellung des ExoMars-Rovers (mit Landeplattform im Hintergrund). Er soll nach Spuren von Leben auf dem Mars suchen und dafür bis zu zwei Meter tief bohren.

Illustration: Esa/ATG medialab

Jorge Vago ist wissenschaftlicher Leiter der Mission ExoMars.

Foto: Esa

Wien – Im Oktober 2016 erlebte die Mission ExoMars der Europäischen Weltraumorganisation Esa einen herben Rückschlag: Zwar konnte die Sonde Trace Gas Orbiter wie geplant in eine Umlaufbahn um den Roten Planeten gebracht werden, die Testlandung auf dem Mars mit dem kleinen Roboter Schiaparelli schlug jedoch fehl. Er krachte wegen eines Softwareproblems mit 540 km/h auf die Marsoberfläche. Dennoch will die Esa am zweiten Teil der Mission festhalten und 2021 gemeinsam mit der russischen Raumfahrtbehörde Roskosmos einen Forschungsrover samt Landeplattform auf den Mars bringen, um nach Spuren von Leben zu suchen – aus vergangenen Fehlern habe man gelernt, sagt Jorge Vago, Chefwissenschafter der Mission.

STANDARD: Wie sieht der Zeitplan für die Mission aus?

Vago: Die Trägerrakete mit dem Rover an Bord wird am 25. Juli 2020 starten. Die Landung auf dem Mars ist für den 19. März 2021 geplant, zwischen zwei und drei Uhr nachmittags – Marszeit.

STANDARD: Wie weit ist der Bau des Roboters fortgeschritten?

Vago: Die einzelnen Teile werden in aller Welt hergestellt. Wir beginnen jetzt gerade damit, Komponenten zu testen und nach und nach zusammenzufügen. Fertig zusammengebaut wird der Rover aber erst sehr kurz vor dem Start. Er ist wie eine russische Matrjoschka-Puppe aufgebaut: Ganz innen befinden sich die wissenschaftlichen Analyseinstrumente, die kommen in das Rovermodul, das wiederum kommt in das Landemodul und dieses dann in die Rakete.

STANDARD: Wurde schon entschieden, wo genau auf dem Mars der ExoMars-Rover landen soll?

Vago: Wir haben aus zehn möglichen Landeplätzen zwei in die engere Auswahl genommen: Oxia Planum und Mawrth Vallis. Beide liegen in derselben Region des Mars und sind an die vier Milliarden Jahre alt. Wir vermuten, dass zu es zu dieser Zeit große Wasservorkommen, vielleicht sogar Meere auf der Marsoberfläche gegeben hat. Beide Orte scheinen wissenschaftlich interessant zu sein. Oxia Planum dürfte weniger vielfältig sein, dafür liegt diese Ebene fast 1000 Meter tiefer als Mawrth Vallis. Das gefällt den Ingenieuren, denn es bedeutet: 1.000 Meter mehr Atmosphäre für die Fallschirme bei der Landung.

STANDARD: Die Testlandung mit Schiaparelli ist im Vorjahr gescheitert. Wie wollen Sie sicherstellen, dass es diesmal besser klappt?

Vago: Eines war gut am letzten Landeversuch: Die Datenübertragung hat während der gesamten Landesequenz funktioniert. Wir konnten präzis rekonstruieren, was zum Versagen des Systems geführt hat, und ich kann Ihnen zu hundert Prozent versichern: Dieses Problem werden wir nicht wieder haben, dafür ist gesorgt.

STANDARD: Ist die Landung des viel größeren und schwereren Rovers nicht deutlich schwieriger?

Vago: Ja, die Herausforderung ist größer und unterscheidet sich in wichtigen Punkten: Für den Rover brauchen wir zum Beispiel ein zweistufiges Fallschirmsystem mit vier Fallschirmen, Schiaparelli hatte nur einen. Der Antrieb wird sich ebenfalls von Schiaparelli unterscheiden, vor allem aber auch die letzte Stufe der Landung: Schiaparelli hätte auf einer verformbaren Struktur an seiner Unterseite am Boden aufkommen sollen, die den Aufprall gedämpft hätte. Der Rover muss aber auf Beinen landen, was weitaus heikler ist.

STANDARD: Wie bereitet man sich auf so ein Manöver vor – kann man die Landung üben?

Vago: Leider nicht. Wir können nur einzelne Teile testen. Anfang 2018 werden wir zum Beispiel einen Teststurz aus 40 Kilometern Höhe machen und die gesamte Fallschirmsequenz durchspielen, um zu sehen, ob sie sich wie geplant öffnen. Aber die aerodynamischen Charakteristika der Erdatmosphäre sind nicht die gleichen wie die der Marsatmosphäre. Der Antrieb wird auch getestet werden, andere Hardwarekomponenten überprüfen wir mithilfe von Simulationen.

STANDARD: Wenn die Landung klappt, wie geht es dann weiter?

Vago: Zuallererst gilt es, weg vom Landeplatz zu kommen. Bei der Landung wird der Antrieb Ammoniak freisetzen, und das ist ein möglicher Biomarker. Dem wollen wir unsere wissenschaftlichen Instrumente nicht aussetzen, wir müssen also erst einmal ein paar Dutzend Meter wegfahren. Dann machen wir einen Instrumententest: Wir analysieren eine Probe, die der Rover von der Erde mitgebracht hat und von der wir wissen, dass sie keinerlei organische Moleküle beinhaltet. Wenn beim Testlauf nichts gefunden wird, wissen wir: Alles funktioniert, die Forschung kann beginnen.

STANDARD: Wie soll die wissenschaftliche Arbeit aussehen?

Vago: Der Rover ist nicht dafür gedacht, große Distanzen zurückzulegen. Idealerweise landen wir schon an einem Ort, wo wir auch forschen wollen. Wir würden gern zwei Drittel der Zeit mit Bohrungen und Probenanalysen verbringen, nur ein Drittel mit Fortbewegung. Der leistungsstarke Bohrer und eine neue, schonende Technik zur Analyse organischer Moleküle versprechen die bisher besten Chancen, Spuren von frühem Leben auf dem Mars zu finden, wenn es denn existierte.

STANDARD: Vor allem der Bohrer unterscheidet den ExoMars von anderen Robotern, die bereits auf dem Mars sind. Was soll er können?

Vago: Wir planen, Proben aus bis zu zwei Metern Tiefe zu entnehmen – die bisher tiefsten Bohrungen auf dem Mars kamen gerade einmal zehn Zentimeter in den Boden. Wir sollten etwa 50 Zentimeter pro Tag schaffen. Vorläufig sind 22 Bohrungen geplant. Wenn wir eine Probe haben, kommt sie zur Analyse ins Labor im Rover.

STANDARD: Auf welche Entdeckungen hoffen Sie persönlich?

Vago: Das Beste, worauf wir hoffen können, sind wahrscheinlich Hinweise darauf, dass es einmal Leben auf dem Mars gegeben hat. Aber die großen Fragen, auf die ich gern Antworten hätte, gehen weiter: Wenn es dort Leben gab, war es anders als das auf der Erde? Gelangte organisches Material von einem Planeten zum anderen – sind wir also verwandt (David Rennert, 9.11.2017)